Fast hatte man am Anfang den Eindruck, dass die Show und nicht das ernsthafte Anliegen – Aufruf zu mehr Gerechtigkeit – die Veranstaltung am Donnerstagabend auf dem Roncalli-Platz in Köln bestimmte. Rund zehntausend Menschen waren gekommen, um am Ruf an den G8-Gipfel teilzunehmen, der vom 31. Deutschen Evangeellischen Kirchentag in Köln nach Heiligendamm gesendet wurde. Die gemeinsam mit dem Publikum einstudierten Zisch- und Pfeifgeräusche und Aaaah-Laute, die Politikern Dampf und der Hoffnung eine Stimme geben sollten, wirkten angesichts der ernsten Thematik doch sehr bemüht. Und kurz danach klatschten die Kölnerinnen und Kölner im Takt mit Interpreten von Bläck Fööss und Kindern aus der katholischen Hauptschule Großer Griechenmarkt zum Lied „Kölle am Rhing“, Jugendliche tanzten zur Band „Brother’s Keepers“.
„Es gibt keine Würde ohne Gerechtigkeit“
Doch als Dr. Susan George von Attac auf die Bühne trat, wurde deutlich, wie wichtig den Besuchern der Appell an den G8-Gipfel war. „Hinsetzen!“, riefen mehrere Besucher lautstark den tanzenden jungen Leuten in der ersten Reihe zu. Die gehorchten prompt. „Es gibt keine Würde ohne Gerechtigkeit. Wir haben alle Möglichkeiten, ein würdevolles Leben für alle Menschen zu ermöglichen“, unterstrich Susan George. Es helfe nicht, zu hoffen oder zu beten, nur moderne Kooperationen ermöglichten das Leben der Menschen in Würde.
Nicht nur prominente Gäste richteten ihren Appell an die G8 Staaten in Heiligendamm. Auch Schüler traten auf die Bühne und verschafften sich Gehör. „Den Dritte-Welt-Ländern soll nicht irgendeine Lösung aufgedrückt werden, sondern die gesamten Schulden sollten ohne Gegenleistung erlassen werden“, verlangte ein Jugendlicher. Und: „So lange Menschen an Hunger sterben, kann es keine Gerechtigkeit geben.“
„Es muss Schluss damit sein, dass die Religion für Gewalt missbraucht wird“
Bischof Dr. Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), freute sich, dass 60 führende Vertreter mehrerer Religionen, die auf Einladung der EKD nach Köln gekommen waren, mit einer Stimme gesprochen und zu mehr Gerechtigkeit in der Weltwirtschaft aufgerufen haben. „Es muss Schluss damit sein, dass die Religion für Gewalt missbraucht wird“, betonte Huber und kündigte an, dass es bei diesem einstimmigen Appell der führenden Religionsvertreter nicht bleiben solle. „Wir bleiben den G 8 auf den Fersen. Wir müssen unseren Enkeln eine Welt hinterlassen, in der sie gut und sicher leben.“
„Ich bin ein Afrikaner. Ich bin Euer Bruder“
Frenetischer Applaus brandete auf, als Bischof Desmond Tutu aus Kapstadt auf die Bühne trat. Der Friedensnobelpreisträger machte mit eindrucksvollen Worten deutlich, dass Afrika ein gleichberechtigter Verhandlungspartner sei. „Ich bin kein Objekt des Mitleids. Ich bin ein Mensch. Ich bin ein Afrikaner. Ich bin Euer Bruder „, sagte Tutu.
Während viele Redner Schlagworte wie Gerechtigkeit und Menschenwürde in ihren Statements in den Abendhimmel riefen, wurde Präses Nikolaus Schneider konkreter: Er forderte die G8-Staaten dazu auf, dafür zu sorgen, dass Russland, die USA und China endlich den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anerkennen. Und die Globalisierung der Märkte verdiene nur ihren Namen, wenn auch alle Menschen etwas davon hätten.
Tipps
Mehr über den Appell zum G8-Gipfel in Heiligendamm auf den Seiten der EKiR hier.
Und: Dem Apell war der Global Network Congress mit DEKT-Verantwortlichen wie beispielsweise Dr. Reinhard Höppner und Dr. Ellen Ueberschär in Wuppertal vorausgegangen. Höppners Text dazu mit dem Tietl: „Die Macht der Würde – Globalisierung neu denken“ finden Sie als pdf-Dokument auf den Seiten der Landeskirche hier.
Foto(s): Wilkens