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Der christlich-islamische Dialog als „Chance und Herausforderung“ war Thema der Herbstysnode 2008 im evangelischen Kirchenkreis Köln-Nord, zu dem auch die Gemeinde Ehrenfeld gehört

Superintendent Markus Zimmermann begrüßte bei der Tagung der Kreissynode des Kirchenkreises Köln-Nord am Samstag, 8. November, 88 von 105 stimmberechtigten Mitgliedern in der evangelischen Stadtkirche Chorweiler.

Viele Herausforderungen für die Gemeinden
Bei seiner ersten Synode als Superintendent betonte Zimmermann zu Beginn seines Berichts die „bunte Vielfalt“ bei der Arbeit im Kirchenkreis. Diese Vielfalt werde aber mit immer mehr Herausforderungen konfrontiert: „Es wird zunehmend schwieriger, Ehrenamtliche zu gewinnen, auch die Zahl der Hauptamtlichen ist in allen Bereichen zurückgegangen. Zugleich nehmen die gesellschaftlichen Erwartungen an Kirche zu, aber auch die von ihr selbst gesetzten Standards werden immer höher.“

Reibungsloser Wechsel im Kreissynodalvorstand
Positiv fiel Zimmermanns Fazit zu Ereignissen und Entwicklungen im Kirchenkreis aus. Bei den Presbyteriumswahlen im Februar „lag die Wahlbeteiligung bei der Mehrheit der Gemeinden über dem Ergebnis von vor vier Jahren“. Den Rekord mit mehr als 20 Prozent hat dabei die Gemeinde Bedburg-Niederaußem-Glessen aufgestellt. Auf Kirchenkreisebene habe der personelle Wechsel im Vorstand zu keinerlei Reibungsverlusten in der Arbeit geführt. Als gelungene Veranstaltungen nannte Zimmermann den Frauentag im Februar, die Einführung des neuen Kreissynodalvorstandes, eine Fortbildungsveranstaltung für Presbyterinnen und Presbyter sowie verschiedene ökumenische Begegnungen in Amsterdam und den USA und den Besuch einer Delegation der indonesischen Partnerkirche, der GKJW in Ost-Java.
Aber auch „Verunsicherungen und Enttäuschungen“ habe es gegeben. Das Bewerbungs- und Auswahlverfahren für den Pfarrdienst habe dazu geführt, dass „nicht alle, lange und intensiv ausgebildeten Pfarrerinnen und Pfarrer in Stellen übernommen“ werden können. Gleichzeitig sei ein Rückgang bei den Bewerbungen zu beobachten. Das habe dazu geführt, dass die Zahl der Pfarrerinnen und Pfarrer sich stark reduziert habe und in den Gemeinden „frische Kräfte und Impulse und Ideen nicht mehr in dem Maße wie früher zur Verfügung stehen“.

In Gründung: Evangelischer Trägerverband Köln-Nord für Kindertageseinrichtungen
Ein positives Signal sei dagegen der in Gründung befindliche Evangelische Trägerverband Köln-Nord. Vor dem Hintergrund des neuen „Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern“ (Kinderbildungsgesetz, kurz „KiBiz“) haben sich zwölf Einrichtungen aus acht Gemeinden zusammengetan, um sich im Verbund professionell durch eine eigene Fachberatung begleiten und organisatorisch durch die zentrale Geschäftsführung entlasten zu lassen. „Inhaltlich und konzeptionell gestalten die jeweiligen Kirchengemeinden nach wie vor das Profil der einzelnen Einrichtungen“, betonte Zimmermann. Im Januar will der neue Trägerverband seine Tätigkeit aufnehmen, der „Modellcharakter für die Landeskirche hat“.

Wissen um eigene Glaubensidentität ist unabdingbar
Im Vorgriff auf das Schwerpunktthema der Synode, „Christlich-islamischer Dialog – Chance und Herausforderung“ erteilte Zimmermann eine deutliche Absage an jedwede Form von Rassismus und Menschfeindlichkeit, wie sie bei dem sogenannten „Anti-Islamisierungs-Kongress“ zum Ausdruck gekommen sei. Auf der anderen Seite erkannte der Superintendent aber auch an, dass im Zusammenhang mit dem Islam in vielen Gemeinden Fragen, Vorbehalte und Verunsicherungen beständen. Zu diesen Fragen gehörten etwa die Vereinbarkeit zwischen dem Recht auf kulturelle Identität einerseits und den gesellschaftlichen Normen andererseits oder die politischen Absichten des Trägervereins beim Bau einer Zentralmoschee in Köln. Unabdingbar für die Bereitschaft zum Dialog sei aber das Wissen um die eigene Glaubensidentität. „Daraus ergibt sich für mich eine klare Herausforderung für unsere Gemeinden und den Religionsunterricht.“

Kooperation auf allen Ebenen
Eine enge Zusammenarbeit auf allen Ebenen war die wichtigste Ankündigung für die Arbeit der nächsten Monate. Regelmäßige Treffen mit den Vorsitzenden der Presbyterien, Gespräche des Kreissynodalvorstandes und eine Kooperation zwischen Kirchenkreisen und Kirchenverband sollen eingeleitet oder fortgesetzt werden. Auf Kirchenkreisebene strebt Zimmermann die Erstellung einer Kirchenkreiskonzeption an. Wichtig ist dem Superintendenten aber auch der Blick über den Tellerrand hinaus: Als „dringende Themen für unsere ethische und gesellschaftliche Verantwortung“ nannte er unter anderem die Verteidigung des christlichen Menschenbildes, die Folgen der Finanzkrise, das Flüchtlingsdrama an den Grenzen Europas, den Nutzen militärischer Einsätze zur Befriedung anderer Länder und die Verantwortung für den Umweltschutz.

Den kompletten Bericht des Superintendenten können Sie hier nachlesen.

Sprachfähig im eigenen Glauben werden
Das Schwerpunktthema der Kreissynode lautete „Christlich-islamischer Dialog – Chance und Herausforderung“. Referent war Landeskirchenrat Rafael Nikodemus, seit dem 1. März bei der Landeskirche zuständig für den christlich-islamischen Dialog. Zuvor hatte er zehn Jahre lang Erfahrungen bei seiner Arbeit in Duisburg, ebenfalls im christlich-islamischen Dialog, gemacht. Gleich zu Beginn stellte Nikodemus fest, dass das Thema von vielen „Aufgeregtheiten“ begleitet werde. „Die Frage ist, wie wir unsere Gesellschaft gestalten wollen.“ Dabei sei der Dialog zwischen den Religionen und Kulturen keine „exotische Spielerei“, sondern notwendige Voraussetzung. „Deutschland ist ein Einwanderungsland, das ist eine große gesellschaftliche Herausforderung.“ Der Dialog sei dabei auch notwendig, um den Missbrauch der Religionen einzudämmen. Er sei aber nicht nur eine Sache von „hoch spezialisierten Theologinnen und Theologen“, sondern müsse vor dem Hintergrund des realen Alltags stattfinden. „Der Dialog der Religionen ist eingebettet in den Zusammenhang mit der Migration.“

Es gibt keine Alternativen zum Dialog
Auf drei Ebenen müsse laut Nikodemus dieser Dialog stattfinden. Zum einen auf der religiösen Ebene, dann auf dem „Feld des Lebens“ und schließlich als Dialog zur gemeinsamen Gestaltung des Gemeinwesens. Alternativen dazu gebe es nicht: „Wir sind auf den Weg des Dialogs angewiesen um des Friedens Willen.“ Allerdings, das räumte der Kirchenrat ein, sei die Stimmungslage nicht gut. Das komplexe Thema werde durch mediale Vereinfachung immer wieder verzerrt dargestellt. Auch stelle er bei der wachsenden öffentlichen Präsenz des Islams mangelndes Selbstbewusstsein bei christlichen Menschen fest. „Das ist ein sehr ernstes Problem. Wir dürfen nicht in Depressionen abgleiten.“

„Wir brauchen eine gemeinsame Streitkultur“
Konkret äußerte sich Nikodemus zum geplanten Bau der Zentralmoschee in Ehrenfeld. „Es kann nicht zur Diskussion stehen, ob die Moschee gebaut wird oder nicht.“ Die Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) müsse Ansprechpartner bei der Frage der Religionsfreiheit in der Türkei sein, „es darf aber kein Junktim zwischen der Religionsfreiheit dort und dem Moscheebau hier geben“, betonte Nikodemus. Forderungen an die islamische Seite beim Dialog hatte er aber schon: „Wir brauchen eine gemeinsame Streitkultur, wir müssen über Transparenz reden.“ Schließlich gehe es auch um die Einhaltung gesellschaftlicher Spielregeln. Die, so erklärte der Kirchenrat, sollten aber auch eingefordert und nicht als Zeichen einer falsch verstandenen Toleranz aufgegeben werden. „Diskussion ja, Hetze nein! Wir dulden kein Spiel mit der Angst.“

Sprachfähig im eigenen Glauben werden
Einen Fehler dürfe die nicht-muslimische Seite dabei allerdings nicht machen: „Wir dürfen nicht alle Probleme auf die Religion schieben. Nicht überall, wo Religion draufsteht, ist auch Religion drin.“ Es sei gut, wenn Muslime so in unserer Gesellschaft angekommen sind, dass sie sichtbar werden. „Wir führen den Dialog aber auch um des eigenen Glaubens Willen.“ Im Gespräch mit dem Islam gehe es auch darum, „sprachfähig im eigenen Glauben zu werden und zu bleiben!“ Nikodemus betonte beispielsweise, wie „erfreulich“ es gewesen sei, dass sich beim Kölner „Anti-Islamisierungskongress“ im September „eine ganze Stadt quer gestellt“ habe und die evangelische Kirche dabei eine „tragende Rolle“ spielte – das sei auch in der Landeskirche angekommen.

Haushaltsjahr 2007 schloss mit Überschuss
Das Haushaltsjahr 2007 des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord schloss bei einem Haushaltsvolumen von 1.005.751,19 Euro mit einem Überschuss von 138.825,12 Euro. Die Kreissynode be-schloss, 100.000 Euro von dem Überschuss in die Ausgleichsrücklage und 30.000 Euro in die Rücklage „Gemeindliche Aktivitäten“ einzustellen. Weitere 8.800 Euro gehen an das Projekt „Mittagessen für Kinder“ im Verein „Jugendcafé Chorweiler“, einer Gründung der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Neue Stadt. Für 2008 beschlossen die Synodalen einen Haushalt mit einem Volumen von 949.968 Euro. Finanzkirchmeisterin Gabi Orbach freute sich zwar, dass die Rücklagen mittlerweile wieder auf rund 300.000 Euro angewachsen sind, hält dies aber auch für dringend notwendig: „Die Menschen werden immer älter“, und angesichts der Finanzkrise sei es nicht unwahrscheinlich, dass mehr Menschen aus der Kirche austreten. Dann sei es gut, Rücklagen zu haben, „wenn uns der Wind schärfer ins Gesicht weht.“

5-Prozent-Mittel zur Förderung von Schwerpunktaufgaben
Bei Einführung des neuen Gemeindezuweisungssystems wurde festgelegt, dass die Kirchenkreise für 10 Jahre als Übergangszeit 5 Prozent ihres Zuweisungsanteils erhalten. Im Kirchenkreis Köln-Nord wurde damals durch die Synode beschlossen, dass bestimmte bestehende Projekte oder Schwerpunktaufgaben der Gemeinde oder des Kirchenkreises unterstützt werden, da die Gemeinde aus eigener Kraft dazu nicht in der Lage sind. Die Restmittel werden dann, abhängig von der Anzahl der Gemeindeglieder, an die einzelnen Gemeinden verteilt. Auf der jüngsten Kreissynode erneuerten die Synodalen diesen Beschluss und sprachen sich einstimmig für die Verwendung dieser sogenannten 5-Prozent-Mittel auch in den Jahren 2010 bis 2014 aus. Von den geschätzten 1,885 Millionen Euro aus diesem Topf werden demnach rund 360.000 Euro für die Finanzierung von Funktionspfarrstellen für die Seelsorge in Krankenhäusern und Altenheimen verwendet. Die übrigen Mittel werden wieder an die Gemeinden verteilt.

Personalien
Pfarrerin Kirsten Prey von der Evangelischen Clarenbach-Kirchengemeinde Köln-Braunsfeld und Pfarrerin Monika Crohn aus der Evangelischen Kirchengemeinde Weiden haben bislang gemeinsam die Aufgaben der Synodalbeauftragten für die „Beratung und Seelsorge“ wahrgenommen. Da Prey aus der Gemeinde ausgeschieden ist, wurde eine Nachwahl erforderlich. Mit großer Mehrheit sprach sich die Kreissynode für Pfarrer Holger Reiprich-Meurer, Verbandspfarrer für den kirchlichen Dienst in Feuerwehr und Rettungsdienst – Feuerwehr und Notfallseelsorge, als zweiten Synodalbeauftragten für die „Beratung und Seelsorge“ im Kirchenkreis Köln-Nord aus.

Stichwort Kirchenkreis Köln-Nord
Dem Kirchenkreis Köln-Nord gehören 15 evangelische Gemeinden mit rund 80.000 Gemeindegliedern an. Sie liegen einerseits im Kölner Norden – in Worringen, Niehl und Chorweiler, von Ehrenfeld und Braunsfeld bis zum Rhein im Osten. Andererseits gehören auch die Kirchengemeinden im nördlichen Rhein-Erft-Kreis außerhalb von Köln in Bedburg, Bergheim, Elsdorf und Pulheim zum Kirchenkreis. Der Superintendent des Kirchenkreises, Markus Zimmermann, ist Pfarrer in Köln-Mauenheim-Weidenpesch.

Text: Fleischer
Foto(s): AL