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Der Altenberger Dom strahlt wieder: Ökumenischer Gottesdienst und Staatsakt zum Ende der zwölfjährigen Restaurierung

Mit Pauken und Trompeten wurde er nach zwölfjähriger Restaurierung (wieder)eingeweiht: der Altenberger Dom. Die „Intrada festiva“ von Flor Peeters eröffnete am Freitagnachmittag die Zeremonie, „Großer Gott, wir loben dich“ schloss sich an. Posaunen und Chorstimmen erfüllten das gotische Gotteshaus, die ebenfalls renovierte Orgel brauste mit jugendlicher Gewalt. Am Altar zelebrierten Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, und Joachim Kardinal Meisner, Erzbischof der Kölner Diözese, den Ökumenischen Gottesdienst, den die Ortsgeistlichen, Pfarrerin Claudia Posche und Monsignore Johannes Börsch mit Begrüßungs- und Dankesworten rahmten. In der ersten Bank: Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, der mit einem Staatsakt das Ende der Bauarbeiten würdigen wollte. Auf den übrigen Plätzen drängten sich Gemeindemitglieder, Altenberg-Freunde und das Who is Who des Rheinisch-Bergischen Kreises. Der große Dom entpuppte sich an diesem denkwürdigen Tag als zu klein: Zahlreiche Menschen ergatterten nur einen Stehplatz.



„So soll dieses Haus ein Segen sein“
„Wenn man sieht, dass dieses Ergebnis dabei herauskommt“, blickte Präses Schneider bei seiner Predigt ins endlich wieder gerüstfreie Kirchenschiff, „dann kann man wirklich nur danke sagen.“ Zwar sei „Gott nicht an bestimmte Orte gebunden“, doch sei es wichtig, Orte zu haben. Orte wie den Altenberger Dom in Odenthal-Altenberg, der dazu diene, „dass wir in ökumenischer Gemeinschaft dieses schöne Gotteshaus benutzen“. Es sei den Katholiken „sicher nicht leicht“ gefallen, der Forderung des Preußenkönigs vor rund 150 Jahren nachzukommen, den Dom fortan als Simultankirche mit den Protestanten zu teilen. „Wir fühlen uns wohl – und sie hoffentlich auch“, erklärte Nikolaus Schneider mit Blick auf den Erzbischof und schloss den Wunsch an: „So soll dieses Haus ein Segen sein, für die Menschen, die hier hineingehen, und eigentlich für alle Menschen in diesem Land.“

„Wo die Kirche untergeht, geht der Mensch unter“
Joachim Kardinal Meisner hatte sich zuvor nicht zur Ökumene geäußert, dafür umso mehr für den Erhalt von Kirchen plädiert. „Ein Land ohne Kirche ist ein Land ohne Sonntag, ohne Feierkultur, ohne Hoffnung“, wehrte er sich gegen die Umwidmung von Gotteshäusern. „Wo die Kirche untergeht, geht der Mensch unter.“ Kirchtürme seien Orientierungspunkte „gegen Maulwurfdasein“, wobei sie mit Glauben gefüllt sein müssten, um nicht „zur Kulisse“ herabgewürdigt zu werden. „Ein hoffnungsvolles Zeichen ist, dass wir die Kraft aufgebracht haben, den Altenberger Dom in seiner ursprünglichen Schönheit renoviert zu haben.“ Er sei „Stein gewordenes Evangelium“ und die Aufgabe der Menschen sei es nun, „die Zivilisation des Glaubens in das dritte Jahrtausend hinein zu tragen“.

Präses Nikolaus Schneider und Kardinal Joachim Meisner gemeinsam im Altenberger Dom

Das gemeinsame Haus der Ökumene
Als die Geistlichen nach dem Gottesdienst in der ersten Reihe Platz genommen und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers das Mikrofon übernommen hatte, gab’s einen Kurzausflug in die Geschichte des Doms. Der Landeschef erinnerte an die Gründung der Zisterzienser vor fast 900 Jahren, die den Dom 1379 nach 124-jähriger Bauzeit eingeweiht hatten, an die Säkularisierung, die die Geistlichen vertrieb und das Gebäude weltlichen Nutzungen zuführte – unter anderem als Chemiefabrik. Eine Explosion richtete so großen Schaden an, dass erst der Preußenkönig die Wiedereinweihung des Doms 1847 möglich machte – verbunden mit der Nutzung als Simultankirche. „Seit Mitte des 19. Jahrhunderts weht der Geist der Ökumene durch dieses Gebäude“, so Jürgen Rüttgers. „Nichts anderes heißt Ökumene: das gemeinsame Haus.“ Das passe zu einem Land wie Nordrhein-Westfalen, das „das Miteinander“ groß schreibe – „auch zwischen Menschen unterschiedlichen Glaubens“. Der Altenberger Dom sei „ein Stück Kirchen- und Kulturgeschichte“ und mit Blick auf die Figuren des leuchtenden Westfensters setzte er hinzu, „wo unser gemeinsames Glaubensfundament so imposant erstrahlt“.

Es hat sich gelohnt: Ein Musterbeispiel der Denkmalpflege
Über 20 Millionen Euro investierte das Land NRW in die zwölfjährige Restaurierung – und legte am Freitag eine eindrucksvolle Bibel noch obendrauf. Natürlich in Einheitsübersetzung. Dieses Engagement sei „ein Bekenntnis zu unseren Werten“, zu Vergangenheit und Zukunft, erklärte Jürgen Rüttgers. „Für das Land Nordrhein-Westfalen war es eine Selbstverständlichkeit, die umfangreichen Renovierungsarbeiten vorzunehmen.“  Das hörten vor allem die Ortsgeistlichen und -politiker gern. „Wir Altenberger hoffen sehr, dass das auch in Zukunft so sein wird“, antwortete Pfarrerin Claudia Posche, bevor sie und Monsignore Johannes Börsch sich bedankten, unter anderem bei denen, die „hier auf der Baustelle geschuftet haben“, und bei der Gemeinde, die „bei Minusgraden ohne Heizung in Decken gehüllt Gottesdienste und Geistliche Musiken besuchte“. Denn in den zwölf Jahren wurden nicht nur statische Details verbessert, die 21.500 Einzelscheiben des Westfensters gesäubert und konserviert, Figuren restauriert, fast jeder Stein untersucht und dokumentiert, sondern auch eine neue Heizung eingebaut und die Orgel überholt. So ist der Dom nun nicht nur ein Kristallisationspunkt des Glaubens, sondern auch ein Musterbeispiel der Denkmalpflege.

Menschen und Tiere in der Dhünn-Aue
Im Anschluss an Gottesdienst und Staatsakt lud der Ministerpräsident zu Erbsensuppe, Spießbraten und Getränken in den Hof von Haus Altenberg. Für Gesprächsstoff sorgte nicht zuletzt das Votum des stellvertretenden Odenthaler Bürgermeisters Johannes Troche am Ende der Dom-Zeremonie: Er hatte an die Legende erinnert, nach der ein Esel in der Dhünn-Aue zum Grasen stehen geblieben sei und damit den Platz für die Kirche auswählt habe. „Dieser Esel ist hier“, erklärte Johannes Troche und fügte nach einer – freiwilligen oder unfreiwilligen – Pause hinzu, „stehen geblieben.“ Womöglich sei dieser Esel „eine Metapher für den bergischen Menschen“, denn er habe diesen schönen Platz ausgesucht und dann „mit großer Sturheit“ an ihm festgehalten.
Tipp: Über diesen Esel und andere Tiere im und für den Altenberger Dom ist erst kürzlich nach der Idee von Claudia Posche ein Buch erschienen, mehr dazu hier.

Infos: Ausstellung zur Wiedereröffnung
„scheibenweise“ heißt eine Ausstellung, die sich Bildprogramm und Restaurierung des Westfensters widmet. Es ist das größte Westfenster nördlich der Alpen und aus 21.500 Einzelscheiben gefertigt.
Ort: Pilgersaal des Küchenhofs, Odenthal-Altenberg
Geöffnet: bis 7. November samstags 14 bis 17 Uhr, sonn- und feiertags 13 bis 17 Uhr
Geöffnet ist die Ausstellung zudem eine Stunde vor und nach folgenden Vorträgen:
10. September, 15.30 Uhr: „Das entschlüsselte Bilderrätsel“ von Daniel Parello
15. September, 19 Uhr: „Die Scheiben des Altenberger Westfensters“ von Götz J. Pfeiffer
29. September, 19 Uhr: „Bildprogramme der Glasmalerei“ von Rolf Lauer
20. Oktober, 19 Uhr: „Herstellung, Erhaltung und Restaurierung mittelalterlicher Glasmalereien“ von Ulrike Brinkmann
7. November, 19 Uhr: „Himmlisches Jerusalem und Johannes-Offenbarung“ von Professor Klaus Berger
Führungen: nach Vereinbarung unter Telefon 0 22 02/3 06 03

    

Text: Ute Glaser
Foto(s): Ute Glaser