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Den Schatz im Fremden entdecken

Einen leeren Rucksack sollten die Teilnehmerinnen des 11. Frauentages im Kirchenkreis Köln-Nord mitbringen. Denn unter dem Motto „Schätze heben“ nahm der evangelische Theologinnen-Konvent die Frauen mit auf eine Entdeckungsreise zu dem „Wertvollen im Vertrauten und im Fremden“. Zu finden in den biblischen Schriften und in der Kirchenmusik.

Eine Bibelarbeit zum Buch Ruth boten die beiden Pfarrerinnen der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Mauenheim-Weidenpesch, Susanne Zimmermann und Christina Schlarp, an. Sie ermutigten die Frauen, von Aufbrüchen in ihrem eigenen Leben zu berichten. Vom Wechsel des Berufes, von Auslandszeiten, dem Tod des Ehemannes und dem Antritt eines Ehrenamtes war da die Rede. „Fast alle sagten, auch wenn das Einlassen auf das Neue vielleicht schmerzlich gewesen sei, hätte es sie weitergebracht“, fassten die beiden Pfarrerinnen zusammen. Der Schatz, den die Frauen im bisher Unbekannten hoben, ließe sich als größeres Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und als eine Schärfung der Selbst und Fremd-Wahrnehmung zusammenfassen.

Anders als die Schwiegermutter
Um die biblische Geschichte von Ruth und Noomi, den beiden Wanderinnen zwischen Welten, anschaulich zu erzählen, breiteten Zimmermann und Schlarp einen „Erdsack“ aus und stellten mit kleinen Figuren eine Szene aus dem Buch Ruth nach. Am Grenzfluss Jordan entschied sich die Moabiterin Ruth ihrer Schwiegermutter Noomi in deren alte Heimat Bethlehem zu folgen. Die Teilnehmerinnen überlegten, welche Rolle sie selbst wohl in der Handlung gespielt hätten. „Ich bin eher wie Noomis andere Schwiegertochter Orpa, die zurückkehrt in ihr vertrautes Leben“, meinte eine. „Ich hätte mir eine Schwiegermutter gewünscht, die zu mir steht, deshalb will ich jetzt meine Schwiegertochter umso mehr bei ihrem Aufbruch unterstützen“, eine andere.

„Erfahrung und Freude“
Zu Selbsterfahrungs-, Begegnungs- und Vertrauensübungen leitete Debora Wallmeroth-Harscheidt im Workshop „Dem Fremden trauen?!“ an. Die Sozial- und Gestaltpädagogin der Kölner Evangelischen Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene verhalf damit den Teilnehmerinnen zu einem Perspektivwechsel. Im Sinne von Martin Luther, der erkannte: „Der wahre Schatz des Evangeliums ist die Musik“, lud Kirchenmusikerin Barbara Bannasch zum „Lossingen und abheben“ und dem Entdecken neuer Lieder ein. Und die Schätze der afrikanischen Kultur brachte Elisabeth Bamwanga mit Tanz und Musik getreu dem ugandischen Sprichwort „Erfahrung und Freude lassen sich nicht an einem einzigen Ort sammeln“ nahe. Die Küsterin der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Lindenthal flüchtete vor 14 Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland. Bamwanga wurde 2011 mit dem Integrationspreis der Stadt Köln ausgezeichnet.

Sauerteig zum Vermehren
Fast vergessene Getreidesorten und Rezepte aus der mittelalterlichen Brotbäckerei hoben die Pfarrerin der gastgebenden Evangelischen Kirchengemeinde Weiden, Monika Crohn, und die Heilpädagogin Franziska Kayser. Die Bäckerinnen nahmen nicht nur selbstgemachtes Brot zum Teilen und Verschenken mit nach Hause. Sie bekamen dazu den Sauerteig, der sich vermehren lässt, um weitere Brote daraus zu backen. Auch dieser Workshop knüpfte an das Buch Ruth an. Die Moabiterin, die Stammmutter des Geschlechts David wurde, las in der Fremde die übriggebliebenen Ähren auf Boas Feld auf, um für sich und Noomi den Lebensunterhalt zu verdienen.

Über den eigenen Schatten springen
Mit ihrer „rheinisch-matriarchalischen“ Neuinszenierung des Sketches „Dinner for One“ und einem Clowninnen-Workshop ermutigte das Duo „Oben wie unten“ die überwiegend 40- bis 70-jährigen Frauentag-Teilnehmerinnen, über den eigenen Schatten zu springen. Eine der Schauspielerinnen lebt bereits vor, wie das geht: Dr. Kristin Kunze, Künstlername „Sophia Altklug“, stieg mit 52 Jahren aus ihrem Zahnarzt-Beruf aus, um Clownin zu werden. Heute, mit über 70 Jahren, engagiert sie sich immer noch in der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“.

Die Schätze teilen
Die in den Workshops gehobenen Schätze wurden im Abschlussgottesdienst geteilt. Christina Schlarp und ihre Pulheimer Kollegin Pfarrerin Sabine Petzke gestalteten die Liturgie. Mit dem Erlös der Kollekte wird erneut die vom Trägerinnenkreis des Frauentages gegründete Sorores-Mundi-Stiftung und ihr Mädchenbildungsprojekt im südostafrikanischen Staat Malawi unterstützt.

Text: Ulrike Weinert
Foto(s): Ulrike Weinert