Hunderttausende in ganz Deutschland gehen auf die Straßen, um für Demokratie und gegen rechts zu demonstrieren. Menschenrechtsbildung sollte bereits in Familie und Schule beginnen. Ob Lehrkräfte neutral bleiben sollten und wie wehrhafter Unterricht aussehen kann – darüber wird im Politischen Nachtgebet am Sonntag, 16. Februar, 17 Uhr, in der Christuskirche am Stadtgarten, Dorothee-Sölle-Platz 1, diskutiert. Zu Gast ist Nicole Schweiß, Gymnasiallehrerin in Köln. Ihr Podcast „Kleine Pause“ ist Aktivismus im Kleinen: Er bietet Raum fürs miteinander sprechen, (Ver)lernen, Zuhören, Diskutieren und Schule neu Denken. An der Diskussion nehmen Pfarrer Christoph Rollbühler, Mitglieder des Arbeitskreises Politisches Nachtgebet, Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler teil.
Herr Rollbühler, warum ist es wichtig, dass sich die Kirche aktiv in aktuelle gesellschaftliche und politische Debatten einbringt – insbesondere beim Thema Demokratie und Bildung?
Christoph Rollbühler: Das ist leicht zu beantworten: Wenn wir glaubwürdig sein wollen, müssen wir für unsere Grundwerte einstehen – hörbar und sichtbar, ganz einfach. Schweigen und Abwarten wären andersherum auch nicht unpolitisch, ganz im Gegenteil. Nicht ohne Grund kommen die meisten Beschwerden über eine Einmischung der Kirchen aus rechten Ecken. Verzichten wir darauf, uns gegen Rassismus und die Abwertung von Menschengruppen auszusprechen, spielen wir genau denen in die Hände! Wo wir die Möglichkeit haben, Demokratiebewusstsein und Menschenrechtsbildung gerade bei unseren Kinder und Jugendlichen zu fördern, sollten wir sie nutzen.
Der Begriff „wehrhafter Unterricht“ klingt nach einer klaren Haltung gegen antidemokratische Tendenzen. Was bedeutet das zum einen für Lehrkräfte und zum anderen für kirchliche Bildungsarbeit?
Christoph Rollbühler: Genau das ist die Frage, die wir uns stellen: Was heißt denn das konkret für Lehrkräfte, wenn im Unterricht grenzwertig diskutiert wird oder bei Vorfällen auf dem Schulhof? Klare Haltung gegen antidemokratische Tendenzen klingt so schön simpel. Wie sie nachhaltig, in angemessener Weise und bei aller Meinungsfreiheit in unseren Konfi-Unterricht und die Kinder- und Jugendarbeit einfließen kann, ist damit noch nicht gesagt. Aber sie ist wichtig, weil sie immer mehr unseren Alltag betrifft. Wir haben Nicole Schweiß, Lehrerin an der Königin-Augusta-Schule und Host des kleinepause.podcast eingeladen, von ihren Erfahrungen zu erzählen und zu diskutieren. In meiner Vorstellung geht es für uns alle darum, nicht nur Schilder hochzuhalten, sondern im Zwischenmenschlichen durch eigenes faires, respektvolles Verhalten zu überzeugen. Wie das aussehen kann, haben wir nach unserem Politischen Nachtgebet am Sonntag bestimmt klarer vor Augen!
Oft wird gefordert, dass Lehrkräfte oder auch Kirche politisch neutral bleiben sollten. Wie stehen Sie zu diesem Spannungsfeld – kann oder darf man bei Themen wie Menschenrechten und Demokratie überhaupt neutral bleiben?
Christoph Rollbühler: Nein, kann man nicht! Darf man auch nicht. Oder würden – anders herum – Menschenrechtsverletzungen und eine antidemokratische Haltung auch als Spannungsfelder bezeichnet? Über die Aufgabe der Lehrkräfte hören wir am Sonntag mehr. Die Grundhaltung unserer Kirche ist meines Erachtens aber schon klar formuliert: Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz gegenüber einzelnen Menschengruppen tolerieren wir nicht. An dieser Haltung ist nichts neutral – sie ist eine rote Grenze. Wir freuen uns sehr auf den Dialograum in der Christuskirche! Je mehr Menschen ihre Fragen, Ideen und Vorschläge mitbringen, desto besser!
Foto(s): APK/Canva