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Das Miteinander der Religionen stand im Mittelpunkt eines Gesprächs im Domforum anlässlich des Evangelischen Kirchentages

Die Schlagzeilen in den vergangenen Wochen über empörte Anwohner, die sich am geplanten Bau einer Moschee in Köln-Ehrenfeld stoßen, zeigen, dass das Zusammenleben von Christen und Muslimen nicht unproblematisch ist. Das Thema Moscheebau kochte dann auch in der etwa einstündigen Diskussion unter dem Motto „Miteinander der Religionen in Köln“ im Kölner Domforum hoch. Die Generalsekretärin des 31. Deutschen Evangelischen Kirchentages, Dr. Ellen Ueberschär, und Bekir Alboga, Beauftragter für interreligiösen Dialog der türkisch-islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), nahmen am Gespräch teil, das die AntoniterCityKirche und das Domforum gemeinsam organisiert hatten. Pfarrer Marten Marquardt. Leiter der Melanchthon-Akademie, moderierte.


Muslime haben in Deutschland „Heimatgefühle“
Dass es beide Referenten ernst meinen mit dem interreligiösen Dialog, zeigte sich schon in den ersten Minuten, als Pfarrer Marquardt das Thema „Heimatgefühle“ ansprach. Obwohl die Muslimen nach der Statistik eine Minderheit in Deutschland darstellten, identifiziere er sich mit dem Land und fühle sich hier heimisch, sagte Bekir Alboga. „Alle meine Pläne sind für Deutschland gemacht. Ich fühle mich angekommen.“ Dr. Ellen Ueberschär schmeichelte mit dem Satz: „Alle finden ihre Heimat, wenn das Minarette in Sicht kommt“. Ein Kulturkampf mit Muslimen solle unbedingt vermieden werden, betonte sie.

Kein antikatholischer Dialog gewünscht
Doch die Gemeinsamkeiten scheinen auch ihre Grenzen zu haben. Ueberschär lehnt es ab, den kleinsten gemeinsamen Nenner von Protestanten und Muslimen darin zu suchen, dass sie im Vergleich zu den Katholiken in Köln deutlich in der Unterzahl sind. „Wir sollten uns als Christen nicht auseinanderdividieren lassen“, sagte die Theologin. „Ich bin sehr für einen interreligiösen Austausch. Aber ein antikatholischer Dialog liegt mir fern.“

Interreligiöse Debatte bis in die Kirchengemeinden
Ueberschär sieht aber in der Integrationsdebatte, die vor dem Evangelischen Kirchentag angestoßen wurde und dort auch weitergeführt werde, eine große Chance zur gegenseitigen Öffnung. „Die irrationalen Ängste mancher Menschen, dass Muslime ihnen etwas wegnähmen, rühren zum Teil daher, dass man sie einfach nicht kennt. Dass nicht klar ist, woran sie glauben und welches Verhältnis sie zur Gewalt haben.“ Als Ueberschär appellierte, die kulturellen Grenzen nicht zu verwischen, aber den Dialogpartner ernst zu nehmen, brandete zum ersten Mal im gläsernen Gebäude des Domforums Applaus auf. Die Generalsekretärin des Kirchentages hofft, dass die interreligiöse Debatte Signalkraft hat und davon künftig etwas in die Kirchengemeinden getragen wird.

„Sie nennen die Dinge nicht beim Namen“
Moderator Marquardt scheute sich auch nicht, das Missionieren als „ganz heißes Eisen“ anzusprechen. Ueberschär und Alboga waren sich einig, dass davon Abstand genommen werden müsse. „Wir werden keinen Dialog führen können, wenn wir missionieren wollen“, sagte Ueberschär. Auch Alboga unterstrich, dass es dem Austausch schaden würde. „Ich brauche Juden und Christen nicht einzuladen – sie sind schon gläubig.“ Im Islam gebe es zwar keine Missionare unter den Christen. Aber es existiere eine Bewegung, die verhindern wolle, dass Muslime zu sehr „verwestlichen“, räumte Alboga ein. Diejenigen, die sogar vor Mord nicht zurückschreckten, seien aber islamisch-fundamentalistische „Hardliner“ und zählten nicht zum „normalen Volk“. Manche der Zuhörer fanden das zu weich formuliert. „Sie nennen die Dinge nicht beim Namen“, warf ein älterer Mann Alboga vor und verwies auf die Morddrohungen gegenüber dem türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk und auf islamistiche Terroristen. Das sei auch der Grund für die Ablehnung der Moschee in Ehrenfeld. Alboga indes betonte, dass Ditib schon mehrfach Terroranschläge verurteilt habe. Mit Blick auf den Moscheebau sagte er: „Es ist schade, dass die Kommunikation nicht funktioniert.“ Allerdings könne man der türkisch-islamischen Union der Anstalt für Religion nicht vorwerfen, dass sie die Kölner Bürger nicht informiert oder gar ausgeschlossen hätten. Es sei bereits eine fünfte Informationsveranstaltung in Planung, die die Einrichtung für die Anwohner organisiere.

„Wir sollten gemeinsam in Frieden leben“
Das Fazit der Diskussionsteilnehmer war, dass Brücken zwischen den Religionen geschlagen werden sollten. „Abraham ist zum Beispiel eine Brücke“, sagte Ueberschär. Durch eine Brücke entstehe Zuneigung und Freundschaft, stimmte Alboga zu. „Sie gibt Kraft, Unterschiede anzuerkennen und Gemeinsamkeiten zu betonen.“ In Anlehnung an Gotthold Ephraim Lessings Ringparabel, in der der Schriftsteller die Religionstoleranz thematisiert , betonte Ueberschär: „Es bringt nichts, die Wahrheit zu ergründen und sich dabei die Köpfe einzuschlagen. Wir sollten gemeinsam in Frieden leben.“

Text: Bianca Wilkens
Foto(s): Bianca Wilkens