Der Campus Kartause ist am Kirchbautag auf großes Interesse gestoßen: Stadtsuperintendent Bernhard Seiger und der Architekt Kaspar Kraemer erläuterten das Projekt – auf dem Gelände, das heute die Melanchthon-Akademie, die Familienbildungsstätte und das Jugendpfarramt nutzen, soll ein großzügiger Gebäudemix für Bildung und Wohnen entstehen. „Bei uns im Verband wird der Bildungsauftrag für die 56 Verbandsgemeinden gemeinsam wahrgenommen“, erläuterte Seiger. Insbesondere in der Melanchthon-Akademie gebe es Probleme. „Das Gebäude ist nicht barrierefrei. Dort können wir eigentlich keine angemessene Art von Bildung anbieten“, sagte der Stadtsuperintendent und verwies darauf, dass die Bildungsarbeit seit der Reformation als wichtig angesehen worden sei.
Seiger nannte sie die „Wurzel evangelischen Handelns“. Ziel sei es, die Bildungseinrichtungen miteinander zu verknüpfen und so die Voraussetzungen für lebenslanges Lernen zu schaffen. Der Stadtsuperintendent ging auch auf die Studierendenwohnungen ein. „Sie können so die evangelische Kirche kennenlernen. Und sie können bei uns arbeiten, an der Pforte zum Beispiel.“ Auch der diakonische Aspekt werde berücksichtigt. „Menschen mit Behinderung sollen im Viertel bleiben und unsere Pflegeeinrichtung nutzen.“
„Es soll ein Ort werden, an dem man Kraft spürt“
Die evangelische Kommunität, die geplant ist, soll an die klösterlichen Wurzeln des Campus, das Kartäuserkloster, erinnern. „Die Menschen gehen nach Taizé oder ins Kloster Altenberg, um Spiritualität zu erleben. Dass soll auch bei ein möglich sein: Geistliches Leben in einer Gemeinschaft.“ Seiger gab zu, dass er auch nicht wisse, wie sich die Kommunität entwickele. „Das können Sie ja nicht verordnen.“ Es brauche Menschen, die diese Kommunität für sich als Lebenskonzept entwickelten. „Es soll ein Ort werden, an dem man Kraft spürt“, so der Stadtsuperintendent.
Kaspar Kraemer erklärte den Workshop-Teilnehmern aus ganz Deutschland, wie es mit dem Campus weiter geht. „Wir hoffen, dass wir im September den Bauantrag stellen können. Wir haben vor dreieinhalb Jahren mit den ersten Entwurfsplanungen begonnen.“ Der Campus soll ein lebendiger Mittelpunkt im Quartier werden. Im Innenhof werden zwölf Kastenlinden in Dreigruppen stehen. „Das könnte eine Anspielung auf die zwölf Apostel sein“, sagte Kraemer. Beim Innenhof handele es sich um einen geschlossenen aber durchlässigen Platzraum mit einer Wegeverbindung zwischen Kartäuserwall und Kartäusergasse. Der Hof wird 24 mal 24 Meter groß sein und von einem Kreuzgang aus Arkaden umsäumt. Ein Brunnen wird zum Verweilen einladen. Das Ensemble sei eine große Attraktion, die es so in Köln noch nicht gebe. „Das Ganze ist aber nicht laut, sondern kommt daher in bescheidener evangelischer Zurückhaltung.“ Ein Raum der Stille, ein sieben mal sieben Meter freistehender Kubus, soll einladen zur Einkehr, zur Besinnung, zur Meditation alleine oder in kleinen Gruppen. Der Raum soll so gestaltet sein, dass auch interreligiöse Gebete hier stattfinden können.
Begrünte Dächer, Photovoltaik und Fernwärme
Alle Dächer werden begrünt, so Kraemer. Und natürlich komme Photovoltaik zum Einsatz. „Fernwärme ist gesetzt“, erklärte Seiger. Man wolle so nachhaltig bauen, wie es bei einem Gebäude dieser Größe möglich sei. Aber es sei eine Frage des Abwägens, was die Umweltstandards angehe: „Wenn wir die Standards zu hoch ansetzen, wird es den Campus nicht geben.“ Das gelte auch für die Baupreise, die im Moment rasant anstiegen. „Alle schauen völlig zu Recht mit Argusaugen darauf, wie viel kirchliches Vermögen wir verbauen. Und wenn wir bauen, dann nur zu vernünftigen Preisen.“ Gegenwärtig verfüge man über genügend Rücklagen, um den Campus ohne Fremdmittel zu finanzieren.
Und man werde auch Einnahmen erzielen. Eine Büroetage wird fremd vermietet. Und Mieteinnahmen werde man auch durch die frei finanzierten Wohnungen generieren. Auch die Gastronomen würden Miete zahlen. Kraemer verwies noch einmal auf die Attraktivität des Campus: „Wir gestalten hier einen städtischen Außenraum, den es noch nicht gibt. Das wird ein toller Raum der Begegnung.“ Die Kinder der benachbarten evangelischen Kita könnten am Brunnen ihr Martinssingen veranstalten. Und auf dem Campanile, dem Turm, der als Treppenhaus die Studierendenwohnungen erschließt, könnten Adventsbläser für Gänsehaut-Stimmung sorgen. Seiger ergänzte: „Die Architektur soll faszinieren. Brunnen ziehen Menschen an. Türme auch. Und wo in Köln finden Sie Arkaden?“
Und eine weitere Attraktion stand am Ende des Workshops auf der Tagesordnung: Ein Ausflug zu der mittelalterlichen Klostermauer, die völlig überraschend während erster kleinerer Abrissarbeiten auf dem Gelände entdeckt wurde. „Das ist das längste mittelalterliche Mauerstück der Stadt“, erklärte Seiger. Es wird gerade Stein für Stein und Fuge für Fuge saniert. Am Ende waren sich die Workshop-Teilnehmenden einig: Dem Kirchbautags-Motto „Mut baut Zukunft“ wird der Campus Kartause in jeder Hinsicht gerecht.
Foto(s): Stefan Rahmann