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Calvin und die Gerechtigkeit: Ausgabe 2010 der „RheinReden“ der Melanchthon-Akademie des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region

„Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach …“ Diesen Satz des Propheten Amos (5,24) hat die Melanchthon-Akademie des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region als Titel für ihre diesjährige Ausgabe der „RheinReden“ gewählt. Seit den 1990er Jahren publiziert die Melanchthon-Akademie in ihren „RheinReden“ neben weiteren Texten insbesondere Vorträge, die im Rahmen von Akademie-Veranstaltungen gehalten wurden. Die aktuelle Ausgabe ist dem Calvin-Jahr 2009 und dem Thema Gerechtigkeit gewidmet. Sie enthält zehn Beiträge aus den Jahren 2008 bis 2010.

Calvin und die Gerechtigkeit
„RheinReden“ 2010 gliedert sich in drei Kapitel. Das erste Kapitel „Calvin und Gerechtigkeit“ dokumentiert die Beteiligung der Akademie als „kritische Gratulantin“ am 2009 begangenen Calvin-Jahr. So finden sich abgedruckt die in der Akademie gehaltenen, für die Veröffentlichung teils überarbeiteten Vorträge von Dr. Matthias Freudenberg (Professor für Systematische Theologie an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel) „Johannes Calvin als Ausleger der Psalmen“, von Gerhard Wenzel (Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Rath-Ostheim) „Johannes Calvin – Von der Wirklichkeit der Armut und den Möglichkeiten des Reichtums“, von Hans Theodor Goebel (Pfarrer i.R., Professor am Institut für Evangelische Theologie der Uni Köln) „Gott, Staat und Kirche bei Johannes Calvin“ und von Dr. J. Marius J. Lange van Ravenswaay (Vorsitzender der Gesellschaft für die Geschichte des reformierten Protestantismus e.V.) „Jean Calvin und die Juden“. Hier aufgenommen findet sich auch der Vortrag „´Gottes Reich ist keine Kaserne …´- Zur Theologie Johannes Calvins“, den Pfarrer Dr. Martin Bock, Leiter der Melanchthon-Akademie, im August 2009 auf dem Pfarrkonvent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd gehalten hat.

„Calvin ist ein aktueller Gesprächspartner „
Allen Beiträgen, auch wenn sie aus verschiedenen Perspektiven Leben, Theologie und Wirken von Johannes (Jean) Calvin beleuchten, ist gemeinsam die Betonung des starken, weiter (aus)strahlenden Erbes, das der französischstämmiger Genfer „Reformator der zweiten Generation“ hinterlassen hat. „In Calvins Texten liegen Seelsorge, Schriftauslegung, diakonische und gesellschaftliche Provokationen eng beieinander. Calvin ist ein aktueller Gesprächspartner für theologische, ethische und politische Grundfragen – weit über die evangelische Kirche reformierter Prägung hinaus“, formulieren Bock und Hannelore Morgenstern-Przygoda als Verantwortliche für die Ausgabe der „RheinReden“ 2010 im Vorwort.

Calvin und die Juden
Dr. J. Marius J. Lange van Ravenswaay spricht in seinem gut gegliederten Text „Jean Calvin und die Juden“ von einem „großen Respekt“ des Reformators „vor dem freien Erwählungshandeln Gottes“. Aufgrund dessen habe Calvin „eine zwar sachlich entschiedene, in der Wortwahl aber meist doch eher moderate Position den Juden gegenüber“ eingenommen, fern von Polemik. Zugleich stellt Lange van Ravenswaay aber das „gänzliche“ Fehlen einer „geäußerten Solidarität“ Calvins gegenüber den Juden fest. Nach Calvin hätten die Juden durch die Zurückweisung Jesu Christi sich vom „lebendigen Gotte entfernt“, hätten sie gleichzeitig „ihre Würde und die Verheißung der Rettung zurückgewiesen“. Und Lange van Ravenswaay führt aus, wie der Reformator in seinen Predigten „die christliche Gemeinde in dem Bewusstsein bestärkt, an die Stelle der Juden getreten zu sein und das in der Geschichte vorfindliche Volk Gottes zu repräsentieren“.

Geist und Gerechtigkeit
Das zweite Kapitel der „RheinReden“ 2010, überschrieben mit „Geist und Gerechtigkeit“, vereint drei Vorträge der gleichnamigen Akademie-Tagung Anfang November 2008 in der evangelischen Paul-Gerhardt-Kirche in Köln-Lindenthal. Pfarrer i.R. Marten Marquardt (ehemaliger Leiter der Melanchthon-Akademie) stellt „Überlegungen zur Bedeutung der vier Paradiesströme in der biblischen Schöpfungsgeschichte“ an. Dr. Ulrich Duchrow (Professor für Systematische Theologie an der Uni Heidelberg) fordert in seinem Beitrag „Heiliger Geist – Gerechtigkeit – Mammon“ die „Inspiration zum solidarischen Leben aus der Geisteskraft Gottes“, aus der Kraft des Evangeliums. Duchrow kritisiert die im Juli 2008 vom Rat der EKD herausgegebene Denschrift „Unternehmerisches Handeln in evangelischer Perspektive“ als „Höhepunkt der Abkehr von der Gerechtigkeit im biblischen Sinn“, als Dokument der „Anpassung der Evangelischen Kirche an die Macht der Wirtschaft“ Dr. Thomas Ruster (Professor für Systematische Theologie am Institut für katholische Theologie an der TU Dortmund) erklärt in seinem Beitrag „´Austreibung des Dämonischen aus der Wirtschaft´ – Mit Tora und Talmud gegen autonomisierte Funktionssysteme“ unter anderem die „Verselbständigung des Funktionssystems Wirtschaft gegenüber seinem gesellschaftlichen Funktionszusammenhang“. Und der zeigt auf, welche Lehren zum Thema Ethik und wirtschaftliches Handeln Bibel und Talmud auch für den modernen Menschen bereit halten.

Die Verantwortung der Christen
Zusätzlich findet sich im zweiten Kapitel der Text der Predigt, die Dr. Utz I. Küpper (unter anderem Diplomkaufmann, Wirtschaftsgeograph, seit 2005 im Ruhestand engagiert in Projekten der Jugendhilfe, Stadtbaukultur und Musik) im September 2009 anlässlich des thematischen Gottesdienstes „Die Verantwortung der Christen für Wirtschaft, Leben und Schöpfung“ am Ökumenetag in Köln-Sülz-Klettenberg in der evangelischen Johanneskirche gehalten hat. Darin äußert er unter anderem die Vision, „dass die christlichen Kirchen in der Nachfolge Jesu und seiner eindeutigen Haltung Partei ergreifen für die schwächeren Glieder der Gesellschaft, die unser bisheriges Wirtschaften ärmer macht und ausgrenzt, und nicht für die Profitinteressen der Geld- und Machthaber und ihr marktliberales Wirtschaftssystem“.

Arbeit und Gerechtigkeit
Kapitel drei der „RheinReden“ lautet „Arbeit und Gerechtigkeit“. Hier findet sich der jüngste Beitrag: „Option für die Armen, Solidarität und soziale Gerechtigkeit“. Er stammt aus dem laufenden Jahr. Dr. Sonja Sailer-Pfister (Referentin für Interreligiösen Dialog, Ökumene und Citypastoral des Katholischen Stadtdekanates Köln) stellt darin „theologisch-ethische Überlegungen zur Gestaltung der Arbeitswelt“ an.

Bestellen
Die Ausgabe 2010 der „RheinReden“ können Sie unter info@melanchthon-akademie.de bestellen. Die Akademie bedankt sich für eine Kostenbeteiligung (ab 5 Euro).

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich