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Bühnenfinale der Kürtener Theatergruppe (N)immernett

Gutes tun und dabei Spaß haben! Ein Dutzend Menschen zeigte 16 Jahre lang in Kürten, wie das geht: die Theatergruppe (N)immernett. Sie spielte mit jährlich vier Aufführungen insgesamt über 60.000 Euro ein. Die Summe spendete die Truppe an den Verein zur Förderung der Begegnung von Jugend und Kirchen in Kürten e.V. (BeKiK).

Mit diesem Geld konnten in den Kürtener Kirchdörfern fünf Jugendtreffs mitfinanziert werden, die BeKiK unterhält. Doch jetzt fiel der letzte Vorhang für (N)immernett: Brigitte Liegel, die 60-jährige leitende Regisseurin der Gruppe möchte nochmal Neues ausprobieren.

Zum Abschied „Currywurst mit Pommes“
Welches Stück zeigt man zum Abschied? Für (N)immernett war dies kein Problem. Denn schon bei der Gründung der Theatergruppe habe festgestanden, dass das erste Stück auch das Letzte sein solle, erklärt Ralph Knapp, Pfarrer in Kürten-Delling. Er ist, wie viele andere, seit der ersten Stunde im Ensemble aktiv dabei. So wurde „Trouble mit Majo“ von 2002 jetzt in leicht veränderter, aufgehübschter Form als „Currywurst mit Pommes“ dem Publikum serviert. Und dem schmeckte es damals wie heute ausgezeichnet!

53 Figuren in 43 Szenen
Das Stück von Frank Pinkus und Nick Walsh dreht sich um eine Imbissbude an einer Autobahnraststätte, die kuragiert von der genauso hemdsärmeligen wie herzlichen Penny (Doris Langstein) betrieben wird. Bei ihr machen die unterschiedlichsten Menschen Rast. 53 Figuren tauchen in den 43 Szenen auf, vom Obdachlosen über versnobte Konzertbesucher bis hin zu Bauarbeitern und Nonnen. Im ersten Akt beobachtet man die Reisenden auf dem Weg irgendwohin in den Süden, im zweiten Akt stoppen sie auf der Rückfahrt alle erneut bei Penny – wobei sich in den dazwischenliegenden drei Wochen so einiges verändert hat.

Bis zu sieben Rollen pro Nase
Wie nur 13 (N)immernette 53 Charaktere spielen können? Kein Problem für das Ensemble! Die spielfreudigen Kürtener schlüpften in bis zu sieben Rollen, wobei sie sich teilweise blitzschnell auf der Bühne umzogen, um das Episodenstück witzig und temporeich auf die Bühne zu bringen.
Pfarrer Ralph Knapp schlüpfte als obdachloser Flaschensammler Herbert nur in eine einzige Rolle, dafür war er ständig präsent. Ob beim Relaxen, Fegen oder Kaffee trinken: Mit Sprüchen wie „Meinst du, ich könnte vielleicht noch so was wie Pfarrer werden?“ hatte er die Lacher auf seiner Seite.

Schnipp-schnapp – waren Pfarrers Haare ab
Was das Publikum gleichermaßen belustigt und entsetzt zur Kenntnis nahm, war, dass Pfarrer Knapp seine Haare auf der Bühne schneiden ließ – in echt! Eigentlich war – als Running Gag – das Stutzen einer Perücke vorgesehen gewesen, doch der Pfarrer fand das nicht stilecht genug. Binnen der vier Vorstellungen ließ er sich von Penny schrittwiese die Haare kürzen und sinnierte: „Wenn ich meine weißen Haare so fallen sehe, denke ich, es ist Weihnachten“.

Eine Stulle für Kürtens Bürgermeister
(N)immernett war immer schon bekannt dafür, sowohl die Kürtener Verhältnisse, als auch das Publikum einzubeziehen. Und so wurden einige Zuschauer vor Vorstellungsbeginn von Penny und Herbert mit Rotwein verköstigt. Bürgermeister Willi Heider bekam sogar von einer sächsischen Familie, die auf der Bühne picknickte, wohlwollend eine Stulle zugesteckt: „Wer weiß, was Sie morgen im Amt so bekommen …“, so der Kommentar.

Die letzte Vorstellung – und was nun?
Sicherheitshalber hatte Regisseurin Brigitte Liegel gleich zu Anfang unmissverständlich ins Mikrofon gesungen: „Für uns gibt es kein Zurück, für uns ist es das letzte Stück.“ Für sie, so erklärte sie später, sei eine Art Wohnzimmertheater eine neue Option. Auch für die Truppe gibt es eine Perspektive: Sie wollen in veränderter Form weitermachen. Für die fünf Jugendzentren brechen nun härtere Zeiten an, da mit dem Aus auch die Spenden entfallen. Doch zunächst bedankte sich der Bürgermeister für das Engagement und das schöne Programm der Theatergruppe. Das Ensemble konterte mit der Liedzeile „Aufhören, aufhören – das fällt uns ja so schwer!“ Und dann fiel er wirklich, der letzte Vorhang. Und mit ihm so manche Träne.

Text: Ute Glaser
Foto(s): Ute Glaser