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Buchtipp: Lieber Arm ab als arm dran. Paralympics-Silbergewinner Schmidt träumt von einer Welt ohne Begrenzungen

„Ich glaube, dass Menschen groß sind und klein, dünn, farbenblind und natürlich auch behindert. Ich glaube, Gott will, dass das Leben so vielfältig ist und möchte uns befähigen, mit diesen Grenzen umzugehen.“

Der dies sagt, heißt Rainer Schmidt – und ist vielen Menschen im Evangelischen Stadtkirchenverband Köln gut bekannt: Dreieinhalb Jahre lang war er Pfarrer zur Anstellung im  Altenberger Bezirk Schildgen. Weil er „ein Buch schreiben wollte“, sei er erst einmal „aus dem Dienst ausgeschieden“, hat er uns gemailt. Als er das Mail abschickte, war er schon so gut wie unterwegs – auf dem Weg nach Athen. Zu den Paralympics. Denn Rainer Schmidt lebt mit einer „besonderen Grenze“: Er kam ohne Unterarme und mit einem verkürzten rechten Oberschenkel zur Welt.

„Ich probiere gerne Dinge aus und gebe mich erst geschlagen, wenn es trotz allerlei Kniffen einfach nicht klappt.“ Zum Beispiel, als er mit zwölf Jahren anfing, Tischtennis zu spielen. Angefangen hat das so, wie er Karin Vorländer erzählte: „Bei Ferien auf dem Bauernhof durfte er erst einmal nur Punkte zählen, während die nicht behinderten Kinder sich beim Ping-Pong vergnügten. Ein anderer Gast kam auf die Idee, ihm einen Tischtennisschläger an den Arm zu binden. ‚So lange die andern mich nicht zu heftig auslachen, werde ich’s auf jeden Fall probieren‘, beschloss er. Keiner lachte, und Rainer Schmidt probierte. Jahrelang trainierte er, bis er die bei seinen Gegnern mittlerweile gefürchtete Topspin-Rückhand beherrscht. Heute hat selbst ein guter nicht behinderter Spieler Mühe, ihn zu bezwingen“. An Spielpartnern ist darum kein Mangel: „Sie wollen wissen, ob sie mich knacken können“, sagte er der Kölner Kirchenzeitung. Kein Wunder: Bei Welt- und Europameisterschaften für Behinderte hat er 15 Titel gewonnen, 5 Medaillen gewann er bei Paralympics, 1992 Gold im Einzel, dieses Jahr wurde es Silber.

Die Paralympics 2004: „Danke für alles Daumendrücken“
Jetzt ist sein erstes Buch erschienen: „Lieber Arm ab, als arm dran“ heißt es – dies sei ein Zitat seines Bruders, berichtete Schmidt der Kölnischen Rundschau/ Bergischen Landeszeitung. Das Buch erschien also kurz, bevor er nach Athen aufbrach. Und diesmal waren die Paralympics alles andere als leicht für ihn: „Aufregung vor dem Spiel: Nachdem ich meinen Schläger geklebt hatte und dieser geprüft wurde, wollte ich mich 10 Minuten später einspielen. Am Tich stellte ich fest, dass das Holz gerissen war. Also musste ich mit meinem Ersatzschläger antreten. Wäre während des Spieles dieser auch noch zu Bruch gegangen, hätte dies mein vorzeitiges Aus bedeutet. Zum Glück überwand ich die Aufregung gut“, schrieb er im Internet-Tagebuch seiner Website am 18. September. Zwei Tage später war es so weit: Er stand im Halbfinale – und am gleichen Abend mailte er uns schon: „Guten Abend allen, ein langer und ereignissreicher Tag liegt hinter mir. Aber vor allem habe ich sehr gut TT gespielt. 1/4-Finale und 1/2-Finale habe ich gewonnen. Silber ist schon mal sicher. Ich bin überglücklich. Nach 12 Jahren noch einmal im Finale einer Paralympics.
Morgen um 13.00 Uhr werde ich versuchen. den deutschen Teamkollegen Daniel Arnold im Finale zu überlisten. Ich werde kämpfen und alles geben. Mal sehen, ob es langt.
Danke für alles Daumendrücken. Viele Grüsse, Rainer Schmidt.“ Er hat alles gegeben. Ganz sicher. Aber gereicht hat es dann doch nicht: „Er spielt einfach stärker“, gab Schmidt der Kölnischen Rundschau gegenüber zu – allerdings: „Im letzten Satz hätte ich ihn fast aus der Fassung gebracht.“ Viele im Rheinland haben in dieser Zeit an Rainer Schmidt gedacht – und die Sportergebnisse verfolgt. Das könnte ja Lust darauf machen, mehr von und über ihn zu erfahren.

Das Buch
Da kommt sein neues Buch gerade Recht: Wer so ein aufregendes Leben führt – trotz oder wahrscheinlich eher, weil es ein Leben mit einer „besonderen Grenze“ ist, wie er das nennt, was andere als seine „Behinderung“ bezeichnen. Darum Hier die Buch-Beschreibung seines Verlags: „Fröhlich und spannend denkt Rainer Schmidt in diesem Buch über den Umgang mit (seinen) Grenzen nach. „Jeder Mensch hat Grenzen und jeder hat Möglichkeiten! Es kommt darauf an, wie man damit umgeht und was man daraus macht.“ In diesem Buch träumt er laut von einer Welt, in der Menschen einen guten Umgang mit den Beschwernissen des Lebens gelernt haben. Rainer Schmidt möchte die Angst vor den eigenen Begrenzungen nehmen.“

Die Zukunft
Bevor er wieder eine Pfarrstelle antritt, möchte er freiberuflich als Trainer für Personalführungskräfte arbeiten. „Denn modernes Management und Behinderung sind für ihn kein Widerspruch. Wer seine Mitarbeiter verantwortungsbewußt führen wolle, müsse schließlich jeden Einzelnen mit seinen individuellen Gaben und Grenzen im Blick haben“, sagte er der Kölner Kirchenzeitung. Und wer könnte das besser als Rainer Schmidt.

Tipps
Zum Buch-Kauf sagt Rainer Schmidt selbst: „Wer eher mich als einen Buchladen unterstützen möchte, möge das Buch bitte bei mir bestellen. Ich versende es gerne portofrei und mit handsignierter (wenn man das so nennen kann) Autogrammkarte.
Folgende Wege gibt es, das Buch zu bestellen:
Formular ausfüllen unter: http://www.schmidt-rainer.net
Anrufen bei: Tel.: 02202-708224 (vom 09.09.-30.9. unter 02293-1402)
Mail an: rainer.schmidt18.02@t-online.de
Über den Buchhandel: Gütersloher Verlagshaus, ISBN 3-579-06850-4, 12,95 Euro
Die Buchvorstellung auf den Seiten der Andreaskirche Schildgen, in der Schmidt als Vikar gearbeitet hat

Karin Vorländer hat für die EKiR ein sehr lebendiges Interview mit Rainer Schmidt geführt, nachzulesen hier.
Mehr von ihr über Schmidt außerdem hier.





Text: Al-Mana
Foto(s): Rainer Schmidt