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„Bonjour und guten Abend“ hieß es bei zentraler Weltgebetstagsfeier

„Bonjour und guten Abend“- so begrüßte die evangelische Pfarrerin Almuth Voß am Donnerstag Abend um 18 Uhr die rund 70 Besucherinnen und Besucher in der Kölner Antoniterkirche. Begonnen hatte der Abend mit Akkordeon-Klängen von Birgit Kestermann aus der altkatholischen Gemeinde Köln. Beide arbeiten seit mehr als 20 Jahren im ökumenischen Vorbereitungsteam für den Weltgebetstag im Raum Köln mit.

Das Schicksal französischer Frauen
Die Treppe zum Altar der Antoniterkirche schmückte eine französische Fahne und Bücher über Frankreich standen zum Lesen bereit. Unverkennbar, dass in diesem Jahr der Nachbar Frankreich im Mittelpunkt des Weltgebetstags steht. Französische Frauen mit ihren Schicksalen sind auch die Hauptpersonen der Liturgie, die zum Weltgebetstag in christlichen Gemeinden am 1. März überall auf der Welt zum Einsatz kommt.

Lieder auf Deutsch und Französisch
Der Weltgebetstag der Frauen ist die älteste ökumenische Basisbewegung weltweit, an der sich über Länder und Meere hinweg mehr als 170 Länder beteiligen. Ihre Wurzeln reichen bis ins 19. Jahrhundert. Alle vier bis fünf Jahre finden internationale WGT-Konferenzen statt, in denen für die kommenden Jahre Themen festgelegt und Länder bestimmt werden, die die Liturgie erarbeiten. Im Jahr 2007 wurde das französische WGT-Komitee ausgewählt, die Liturgie für 2013 zu erstellen. Bereits seit 1929 wurde in christlichen Gemeinden im Elsass der Weltgebetstag gefeiert, in den 60er Jahren breitete sich die Bewegung dann aus. „Der Weltgebetstag belebt die Ökumene in Frankreich, wo Staat und Religionsgemeinschaften streng getrennt sind“. So steht es in der Einleitung zum Liturgie-Heft 2013. Im vorbereitenden Gottesdienst wurden schon mal die ausgewählten Lieder geübt – abwechselnd auf Deutsch und auf Französisch. Die Gesamt-Liturgie ist jedoch dem eigentlichen WBT am 1. März vorbehalten.

„Ich war fremd, ihr habt mich aufgenommen“
Unter diesem Motto wird der Weltgebetstag 2013 weltweit zu den Themen Migration und Menschenrechte gefeiert. Wie kann jede und jeder Einzelne zu einer Kultur des Willkommens beitragen? Im Gottesdienst in der Antoniterkirche erzählte eine Frau aus Indonesien von ihren persönlichen Erfahrungen: Durch ihre Heirat mit einem deutschen Mann kam sie vor vielen Jahren nach Deutschland. Fremd zu sein, war unangenehm und machte ihr Angst. An Klima und Wetter gewöhnte sie sich nur langsam, fehlende Sprachkenntnisse erschwerten die Eingewöhnung. Sie wurde krank. Um gesund zu werden, motivierte sie sich mit dem Appell: „Steh auf!“ Nach einiger Zeit sei ein Vorhang von ihren Augen gefallen, sie habe begonnen, Menschen aus Deutschland mit anderen Augen zu sehen. Schließlich engagierte sie sich in Frauenorganisationen und in der Kirche. "So bin ich nicht mehr nur in, sondern auch mit Deutschland verheiratet", erklärte die Indonesierin. Weil sie auf andere zugegangen sei, habe man sie aufgenommen. Inzwischen gehört sie zum festen Vorbereitungsteam für den Weltgebetstag in Köln.

„Informiertes Beten“ und „betend gestalten“
Seit mehr als 100 Jahren laden Frauen überall auf der Welt am Weltgebetstag zu „informiertem Beten“ ein. "Dahinter steckt die Idee, dass nicht nur gemeinsam Gottesdienst gefeiert wird, sondern dass man miteinander etwas über die Lebenswirklichkeiten der Frauen aus dem jeweiligen Land lernt", erklärte Almuth Voß. Betendes Handeln ist ebenfalls ein Teil des Weltgebetstags. So unterstützt die WGT-Gemeinschaft in den Kollektengängen in der ganzen Welt Frauenprojekte mit dem Gedanken der "Hilfe zur Selbsthilfe". Dabei werden jährlich Projekte aus dem jeweiligen WGT-Land vorgestellt, für die vorrangig gesammelt wird. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit werden viele Projekte über mehrere Jahre hinweg unterstützt, oft solange, bis sie sich selbstständig finanzieren können.

„La Cimade“ und Anti-Diskriminierungs-Brille
In diesem Jahr sind die Einnahmen aus den Kollekten für die ökumenische Organisation „La Cimade“ bestimmt. Diese wurde 1939 als Hilfsorganisation für Menschen, die aus dem Elsass vertrieben wurden, gegründet. Heute berät die Organisation Menschen in Not – überwiegend Frauen mit Gewalterfahrungen – und verfügt unter anderem über ein Wohnheim für alleinerziehende Mütter und ihre Kinder.
Im Gottesdienst in der Antoniterkirche gingen die Besucherinnen und Besucher nach vorn, um mit ihrer Spende „La Cimade“ zu unterstützen. Als kleines Dankeschön und Anregung gab es eine selbst gebastelte „Anti-Diskriminierungs-Brille“. Sie sei ausgestattet mit „Dioptrien für Zuwanderungsgeschichte“ und solle den Block schärfen, erklärte Voss. Etwa in der U-Bahn, beim Kaffeeklatsch, beim Fernsehen oder Zeitunglesen.

Weltgebets-Land 2014 ist Ägypten
"Der Weltgebetstag ist eine konfessionsübergreifende christliche Bewegung und nicht in erster Linie auf das Interreligiöse angelegt, weil die Vorbereitung von Christinnen gemacht wird" betonte Voß. Im nächsten Jahr werden ägyptische Frauen den Weltgebetstag liturgisch vorbereiten.

"Werbung" für den 1. März
Der Gottesdienst in der Antoniterkirche am 21. Februar war dazu gedacht, Interessierte einzuladen, an den Feiern zum Weltgebetstag am 1. März in ihrer jeweiligen Gemeinde teilzunehmen. Er bot darüber hinaus vielen Frauen, die sich in Kirchengemeinden ehrenamtlich engagieren, einmal Gelegenheit, sich auf eine Bank zu setzen und einen Gottesdienst zu feiern, ohne ihn selbst gestalten zu müssen. Gemeinsam mit rund 20 anderen Frauen unterschiedlicher Konfessionen hatte Almuth Voß diesen Gottesdienst auf Stadtebene vorbereitet. „Es rührt mich, dass zum Teil alte Frauen vor Ort mit der letzten Kraft diesen Weltgebetstag hochhalten und diese ökumenischen Kontakte zwischen den Gemeinden mittlerweile über das ganze Jahr pflegen.“ Auf der Stadtebene mache sie seit vielen Jahren die Erfahrung, dass sich immer mehr Frauen auch aus anderen Organisationen mit den Frauen des WGT- Frauen zusammenschließen, um sich gemeinsam für mehr Gerechtigkeit und Frieden auf der Welt einzusetzen. Dies sei ein „ökumenischer Schatz“.

Text: Jutta Hölscher
Foto(s): Jutta Hölscher