You are currently viewing Beziehungen statt Hilfeleistung: Kölsch Hätz in Frechen

Beziehungen statt Hilfeleistung: Kölsch Hätz in Frechen

Manchmal ist nicht viel Aufwand nötig, um die Lebensqualität eines Menschen zu verbessern: Die alleinerziehende Mutter wünscht sich, dass sie einmal in der Woche jemand entlastet. Alte Menschen würden gerne öfter ihre vier Wände verlassen, aber hätten dabei lieber Gesellschaft. Seit 1997 gibt es die Nachbarschaftshilfe „Kölsch Hätz“. Ihr Ziel ist es, Menschen, die sich engagieren möchten, und solche, die sich Unterstützung wünschen, zusammenzubringen. Am 10. März 2011 eröffnet „Kölsch Hätz“ auch ein Büro in Frechen-Königsdorf. Weitere Helferinnen und Helfer sind willkommen.

Versteckte Einsamkeit
Wie ein „sozialer Brennpunkt“ wirkt Königsdorf mit seinen schmucken Einfamilienhäusern in den Neubaugebieten eigentlich nicht. Hinter den Fassaden sieht es anders aus: „Es gibt hier viel Anonymität und Einsamkeit, die traditionelle Besuchsdienste nicht mehr auffangen können“, weiß Monika Weinmann, Pfarrerin an der Königsdorfer Christuskirche. Ruth Forschbach, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Kirchengemeinde, kann dies nur bestätigen: „Königsdorf ist eigentlich eine besser situierte Gegend. Aber Vereinzelung und Vereinsamung gibt es hier genauso wie anderswo“. Eigentlich ist die freiberufliche Dozentin in der Erwachsenenbildung mit ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten im Lektorenkreis und im diakonischen Arbeitskreis der Kirchengemeinde schon gut ausgelastet, aber als sie von „Kölsch Hätz“ in der Zeitung las, dachte sie sofort „das könnte auch etwas für Königsdorf sein“. Obwohl Königsdorf außerhalb der Kölner Stadtgrenze liegt, ist auch dort Platz für „Kölsch Hätz“, weil der Bezirk Königsdorf zur Evangelischen Kirchengemeinde Weiden gehört.

Beziehungen statt Helfer und Hilfsbedürftige
„Mir gefiel die Nachhaltigkeit und dass es nicht um die klassische Einteilung in „Helfer“ und „Hilfsbedürftige“ geht, sondern um den nachhaltigen Ansatz, Menschen in Kontakt zu bringen“ begeisterte sich Forschbach. Bis es auch in Königsdorf soweit war, war es ein langer Weg. „Ein dreiviertel Jahr lang hat eine ökumenische Projektgruppe den Ort analysiert“ berichtet Monika Weinmann. Das Ergebnis: „Königsdorf ist ein schnell wachsender Ort. In den letzten Jahren sind viele junge Familien zugezogen, aber es gibt auch einen hohen Anteil Alleinerziehender und Senioren“.

Begleitete Unterstützung
Menschen, die sich gerne für ihre Mitmenschen bei „Kölsch Hätz“ engagieren wollen, können ein Aufnahmegespräch mit Ruth Forschbach oder den anderen, insgesamt fünf, ehrenamtlichen Koordinator/innen, führen. In einem „Bewerbungsbogen“ geben sie an, wieviel Zeit sie aufbringen können und in welcher Form sie sich einbringen möchten. „Wir dachten an ein oder zwei Stunden wöchentlich“, berichtet Forschbach. Anschließend werden ihre Daten in einer Kartei aufgenommen. Auch von Menschen, die Unterstützung suchen, wird eine Kartei geführt. Die Bandbreite ist groß: Neben klassischen Hilfeleistungen wie Unterstützung beim Einkauf können sich auch Menschen melden, die sich Gesprächspartner oder Gesellschaft bei kulturellen Aktivitäten wünschen, zum Beispiel, wenn sie gerne mal wieder ins Theater gehen oder einfach einen Spaziergang machen würden. Wer Informationen über professionelle Hilfe braucht, kann auch an die entsprechenden Stellen, zum Beispiel eine Erziehungsberatung, vermittelt werden.
Ist ein Erstkontakt zustande gekommen, wird dieser ebenfalls von einem Koordinator, einer Koordinatorin begleitet. Warten Helfende noch auf ihren Einsatz, bietet „Kölsch Hätz“ ihnen Schulungsangebote. Auch wenn ein Kontakt zwischen Hilfesuchenden und Helfern zustande gekommen ist, stehen die Koordinatoren den Helfenden mit Rat zur Seite, außerdem gibt es regelmäßige Treffen zum Erfahrungsaustausch. In Königsdorf gibt es bereits fünf ehrenamtliche Koordinatorinnen und Koordinatoren, einen Mann und vier Frauen, aber eine weitere Person ist auf jeden Fall willkommen, ehrenamtliche Helfer sowieso.

Ökumenische Nachbarschaftshilfe
„Kölsch Hätz“ enstand 1997 als Nachbarschaftshilfe für die Stadtteile Mauenheim, Niehl und Weidenpesch. Initiatoren waren Vertreter der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden, der Krankenpflegeverein Niehl/Weidenpesch sowie der Caritasverband der Stadt Köln e.V. Anliegen der Gründer war es, das soziale Klima und nachbarschaftliche Miteinander in den Stadtteilen zu verbessern. Mittlerweile ist „Kölsch Hätz“ ein Kooperationsprojekt zwischen dem Caritasverband und dem Diakonischen Werk Köln und Region des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. Getragen wird „Kölsch Hätz“ für Königsdorf vom Caritasverband für die Stadt Köln e.V. und dem Caritasverband Rhein-Erft-Kreis in Kooperation mit dem Diakonischen Werk des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, der Katholischen Kirchengemeinde und der Evangelischen Kirchengemeinde Weiden, Bezirk Königsdorf.
Weitere Büros gibt es in den Stadtteilen Buchheim/Buchforst, Dellbrück/Holweide, Dünnwald/Höhenhaus, Ehrenfeld, Junkersdorf/Müngersdorf/Braunsfeld, Lövenich/Weiden/Widdersdorf, Mülheim, Poll, Sülz/Klettenberg, Mauenheim/Niehl/Weidenpesch und „Rund um den Ebertplatz“.

Kölsch Hätz braucht Unterstützung
Kölsch Hätz als Nachbarschaftshilfe für Königsdorf stellt sich bei der Eröffnung am 10. März um 19 Uhr im Hildeboldzentrum (Spechtweg 1-5) vor. Danach hat „Kölsch Hätz“ montags von 10 bis 12 und donnerstags von 16 bis 18 Uhr eine Sprechstunde in seinen Büroräumen (Aachener Straße 564), Telefon 02234/ 430 06 54, info@koelschhaetz.de. Hier kann sich auch melden, wer sich selbst engagieren will. Wer „Kölsch Hätz“ in Königsdorf finanziell unterstützen möchte, kann eine Spende auf das Konto Nummer 59 92 953, Sparkasse KölnBonn, BLZ 370 501 98, Stichwort „Königsdorf“ überweisen.

Text: Annette von Czarnowski
Foto(s): Annette von Czarnowski