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Bericht von der Verbandsvertretung: Ökumene im Aufwind

An den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren erinnerte Stadtsuperintendent Rolf Domning in seiner Andacht zum Auftakt der Verbandsvertretungssitzung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region am Freitag, 21. November, im Kölner Haus der Evangelischen Kirche.

Vor allem das Lied "Eine feste Burg ist unser Gott" sei im Ersten wie im Zweiten Weltkrieg durch die Herrschenden missbraucht worden. Diese "Marseillaise des Protestantismus" sei in der Augustbegeisterung für den Krieg 1914 auf dem Berliner Schlossplatz gesungen worden. Und Kaiser Wilhelm II. habe dazu im Überschwang gerufen: "Es handelt sich jetzt darum, dass alle wie Brüder zusammenstehen, und dann wird dem deutschen Schwert Gott zum Siege verhelfen." Während der NS-Diktatur habe man dann die Liedzeile "es streit' für uns der rechte Mann" auf Adolf Hitler bezogen. Es sei die Frage zu beantworten, warum dieses Lied derart missverstanden werden konnte: Auch die Kirche habe in der Tat das ihre dazu beigetragen, "dass es häufig die irdischen Reiche waren, in deren Namen und zu deren Nutzen dieses Lied gesungen wurde, und nicht das Reich Gottes", räumte Domning ein. Er erinnerte daran, dass fehlende Distanz der Kirchen und Religionen zum Staat und zum Nationalen immer gefährlich sei.

Kölner Ökumene im Aufwind | Glaubenskommunikation bleibt Thema
Als Zeugnis für das gute Verhältnis zwischen katholischer und evangelischer Kirche in Köln und Region wertete Stadtsuperintendent Rolf Domning auch vor der Verbandsvertretung den Besuch von Rainer Maria Kardinal Woelki bei der Kölner Reformationsfeier 2014 in der Trinitatiskirche. Bald würden nun am Vorabend des ersten Advents – in der etablierten Tradition – der Kölner Erzbischof und Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, eine gemeinsame Vesper in St. Aposteln feiern. Positiv seien, so Domning, auch die allerorten geschlossenen ökumenischen Partnerschaftsverträge. Vor dem Hintergrund sinkender Gemeindegliederzahlen lobte der Stadtsuperintendent das Projekt "Erwachsen glauben in Köln und Region". 32 Gemeinden im Verbandsgebiet hätten Glaubenskurse angeboten, viele Ehrenamtliche hätten sich engagiert: "Wir brauchen als Kirche dringender denn je Lernorte für gelingende Kommunikation des Glaubens." Weiter geht es nun mit einer neuen Initiative der Evangelischen Kirche im Rheinland: „‚glaubensreich’ [so der Titel] versteht sich als basisorientiertes Projekt, das inspirieren und motivieren will“, so Rolf Domning. Am morgigen Samstag, 22. November, findet dazu den ganzen Tag ein Netzwerk-Treffen in der Kölner Trinitatiskirche statt.

Domning mahnt Kritik muslimischer Verbände am IS-Terror an
In seinem Geschäftsbericht des Verbandsvorstandes ging der Stadtsuperintendent zunächst auf den kürzlich veranstalteten ökumenischen Schweigemarsch von der Antoniterkirche zum Dom ein. Dem Aufruf zum Protest gegen die Gräueltaten des IS im Nahen Osten seien Tausende gefolgt. "Wir wollten an dieser Stelle ein Zeichen setzen", wandte sich Domning an Stadtdechant Monsignore Robert Kleine, Gast der Verbandsvertretung, und fuhr fort: "Es war gut, dass wir das so unkompliziert und zügig machen konnten." Das Bundeskriminalamt gehe derzeit von 230 gewaltbereiten Salafisten in Deutschland aus. Bei vier Millionen Muslimen, die hier leben. Allerdings stelle sich die Frage, mit welcher Berechtigung sich die Kämpfer des IS auf den Islam berufen könnten. Domning zitierte den kürzlich aus dem Amt geschiedenen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, der den muslimischen Verbänden hierzulande mangelnde Kritik am IS-Terror vorgehalten hatte. "Köln ist eines der wichtigsten Zentren für muslimisches Leben in Deutschland. Wir werden auch in Zukunft Gelegenheit haben, dieses Thema und andere an höchster Stelle anzusprechen. Niemand von uns tut das, weil er sich auf einem hohen Ross sitzen sieht, sondern weil wir als Kirchen ja auch um unsere eigene problematische Gewaltgeschichte wissen. Dies war auch einer der Gründe, weshalb ich mich in meiner Andacht zu der heutigen Verbandsvertretung mit unserem Lutherchoral so ausführlich befasst habe", sagte der Stadtsuperintendent.

Initiative für Friedenserziehung des evangelischen Schulreferats gelobt
Der Stadtsuperintendent lobte die Initiative des Schulreferates des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. "Von Schulleiterinnen und Schulleitern freigestellte Lehrerinnen und Lehrer werden zu Referentinnen und Referenten für Friedenserziehung qualifiziert, zum Beispiel in Methoden für gewaltfreie Lösungen bei Konflikten auf dem Schulhof." Zum Thema Gewalt und vor dem Hintergrund des Hooligan-Aufmarschs vor kurzem am Kölner Hauptbahnhof erinnerte Domning an die V. These der Barmer Theologischen Erklärung, die vor 80 Jahren verabschiedet wurde: Darin sei „mehr denn je aktuell“ formuliert, es sei eine Wohltat Gottes, dass der Staat "in Androhung und Ausübung von Gewalt" für "Recht und Frieden" zu sorgen habe.

Diakoniespende 2015 zugunsten des Kölner Flüchtlingsrats
Der Erlös der kommendes Jahr wieder im August startenden Diakoniespende wird 2015 an den Kölner Flüchtlingsrat gehen, um dessen Arbeit in Zeiten stark steigender Flüchtlingszahlen zu unterstützen. Die Spendensumme wird dann nach Abschluss der Sammlung aus Mitteln des Evangelischen Kirchenverbandes Köln noch einmal verdoppelt.

Jahresüberschuss 2013 beschlossen | Haushalt 2015 verabschiedet
Die Jahresabschlussrechnung für das Haushaltsjahr 2013 schloss mit einem Ergebnis in Höhe von 3,98 Millionen Euro, das jetzt festgestellt wurde. Die Verbandsvertretung verabschiedete die entsprechende Beschlussvorlage mit einer Enthaltung. 80 Prozent der Summe werden an die Gemeinden des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region ausgeschüttet, 20 Prozent gehen an den Kirchenverband. Für das Jahr 2015 rechnet Finanzkirchmeister Lothar Ebert mit einem Netto-Kirchensteueraufkommen in Höhe von 88,8 Millionen Euro. Nach Abzug aller Umlagen verbleibt im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region eine Verteilsumme von 43,6 Millionen Euro, die wiederum zu 80 Prozent nach Gemeindegliederzahlen an die Gemeinden und zu 20 Prozent an den Kirchenverband zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben überwiesen werden.

Personalia
Nach dem Ausscheiden von Vorstandsmitglied Regine Appenrodt wählte die Verbandsvertretung Erwin Wittenberg aus der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Neue Stadt in den Vorstand des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. Zu seinem Stellvertreter bestimmte man Professor em. Dr. Otto Oberegge aus der Kirchengemeinde Weiden. Petra Kempe, Mitarbeiterin der Evangelischen Kirchengemeinde Vingst-Neubrück-Höhenberg, wird Nachfolgerin des kürzlich in den Ruhestand gegangenen Jochen Gippert im Fachausschuss "Synodale Jugendarbeit".

Stichwort Verbandsvertretung
Sie ist das Leitungsorgan des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region mit seinen 56 Gemeinden im Rhein-Erft-Kreis, in Köln und im Rheinisch-Bergischen Kreis in den vier Kölner Kirchenkreisen. Zu den Aufgaben der Delegierten gehören beispielsweise der Beschluss des Haushalts und die Wahl des Stadtsuperintendenten. Die Verbandsvertretung tagt zweimal im Jahr und wird von Stadtsuperintendent Rolf Domning geleitet.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann