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Beratungsstellen und deren Träger im Kölner Rathaus geehrt: Sie bestehen seit 225 Jahren

„Ungewöhnliches Jubiläum“

Nur glückliche Gesichter im Historischen Rathaus. „Wir feiern heute ein schönes, wenn auch ungewöhnliches Jubiläum“, so Oberbürgermeister Fritz Schramma bei einem Empfang im Hansasaal. „Vier Familienberatungsstellen in Köln werden gemeinsam 225 Jahre alt. Die städtische Beratungsstelle feiert ihr 75-jähriges Bestehen, die katholische und evangelische Beratungsstelle und der Kinderschutzbund können jeweils auf 50 Jahre zurück blicken“, fuhr der OB fort. Mitarbeitende sowie Repräsentanten der Träger der Beratungsstellen waren Schrammas Einladung zum Empfang gefolgt.

 

Von Gott geliebte Menschen

Stadtsuperintendent Ernst Fey machte deutlich, „dass der Beratungsgedanke für Kirche nicht ganz neu ist“. In den Beratungsstellen werde das ureigene Anliegen von Kirche noch einmal spezifiziert. Hier könnten die Ratsuchenden „befreiende Luft atmen“ und sicher sein, als von Gott geliebte Menschen angenommen zu werden. Fey räumte allerdings ein, dass die Not der Menschen auch zu Zerreißproben führen könne, vor allem in der theologischen Diskussion. Schramma, selbst Pädagoge, beschrieb in seiner Rede die Arbeit in den Beratungsstellen: „Hier arbeiten Fachleute mit pädagogischer, psychologischer, und therapeutischer Ausbildung in einem interdisziplinären Team zusammen. Die vertrauliche Beratung steht zeitnah und unbürokratisch jeder Bürgerin und jedem Bürger offen. Ihr Ziel ist es, Konflikte und Krisen in Familien möglichst frühzeitig zu erkennen und mit allen Beteiligten gemeinsam zu lösen.“ Er verwies auf die „komfortable Lage“ in Köln mit den vier Beratungsstellen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und mehreren Filialen in den Stadtteilen. In Zeiten knapper Kassen sei es zunehmend schwieriger, das umfangreiche Angebot aufrechtzuerhalten. „Wir fühlen uns vom Bund und vor allem vom Land im Stich gelassen“, verwies er auf die teilweise drastische Reduzierung der Mittel für die Beratung. Dann machte er den Mitarbeitenden Mut: „Die Stadt weiß, welche Bedeutung Ihre Beratungsleistung besitzt und wird Sie in Ihrer Arbeit unterstützen.“

 

„Multi-Problemfamilien“ nehmen zu

Dr. Andreas Vossler vom Deutschen Jugendinstitut hielt den Festvortrag. Er hat in seinen wissenschaftlichen Untersuchungen festgestellt, dass die Zahl der so genannten „Multi-Problemfamilien“ spürbar zunimmt. Gewalt, Armut, Sucht und weiteres träten immer öfter gemeinsam auf. Dies führe in den Beratungsstellen zu deutlich höheren Klientenzahlen bei sinkenden Mitteln. Er forderte die Konzentration auf die Risikogruppen. Diese bestünden häufig aus „nicht motivierten Klienten“. Vossler nannte allein Erziehende, Familien mit Migrationshintergrund und Jugendliche. Diese stünden der Beratung oft ablehnend gegenüber. Doch es gebe auch Anlass zur Hoffnung. Die Online-Angebote und die Kinder- und Jugendtelefone würden sehr gut angenommen. Vor den Mitarbeitenden der Beratungsstellung erwartet Vossler, dass sie stärker mit den Schulen zusammenarbeiten. So könnten manche Probleme bereits im Entstehen gelöst werden.


 

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann