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„Bach ist Anfang und Ende aller Musik“

Bach, Bach, und immer wieder Bach. Für Christian Collum ist die Frage nach dem bedeutendsten Komponisten leicht zu beantworten: „Bach ist Anfang und Ende aller Musik“, sagt der Kirchenmusiker der Evangelischen Kirchengemeinden Köln-Bayenthal und Sürth-Weiß und Kreiskantor des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd. Johann Sebastian Bach markiert auch für ihn persönlich einen Endpunkt, denn Werke des Komponisten sind an Collums „letzten Arbeitstag“ am Sonntag, 14. September, in der Reformationskirche an der Mehlemer Straße 27 zu hören. Um 10.30 Uhr beginnt der Gottesdienst, mit dem der langjährige Kirchenmusiker der Gemeinde in den Ruhestand verabschiedet wird.

Musikalisches Elternhaus
Am 5. September 1943 wurde Collum in Dresden geboren. Musik und die musikalischen Traditionen der auch als „Elbflorenz“ bezeichneten Stadt hat er von Geburt an mitbekommen. Sein Vater Herbert Collum war von 1935 bis zu seinem Tode 1982 Organist an der Kreuzkirche in Dresden, seine Mutter war Sängerin. „Die Musik hat mich von früher Kindheit an begleitet“, erinnert sich der Musiker. Aufgrund der politischen Verhältnisse in der damaligen DDR verlief seine musikalische Karriere aber nicht gradlinig. An der staatlichen Musikhochschule, wo Collum das Studium zum Kapellmeister beginnen wollte, wurde er aus politischen Gründen nicht angenommen. 1962 absolvierte er die Aufnahmeprüfung an der Dresdner Landeskirchenmusikschule. Später wechselte er dann an die Musikhochschule Leipzig, wo er das Studium mit dem kirchenmusikalischen A-Examen abschloss. Ein erster Höhepunkt in seiner Laufbahn war der Internationale Bach-Wettbewerb, bei dem er 1968 in der Leipziger Thomaskirche den Bach-Preis im Fach Orgel gewann.

Lehrzeit bei „Provinzorchester“
Die erhoffte Stelle als Kirchenmusiker blieb zunächst aber aus. „Es gab für mich keine Stelle“, erzählt Christian Collum. So schlug er sich zwei Jahre lang als Dirigent des „Staatlichen Orchesters Leipzig, Sitz Borna“ durch. „Ein Provinzorchester, aber eine gute Lehrzeit“, sagt er rückblickend. Mitte der Siebziger Jahre ging er nach Rostock und arbeitete als Lehrer für Kirchenmusik an der Universität. Der politische Druck aber nahm zu. „Als Gewinner des Bach-Preises begann meine internationale Konzerttätigkeit in Ost und West. Ein künstlerischer Höhepunkt war die Uraufführung einer Komposition für Orgel und Orchester von Rainer Kunad, bei der Collum mit der Dresdner Philharmonie unter der Leitung von Kurt Masur musizierte. 1980 wurde Christian Collum in die Situation gedrängt, einen Ausreiseantrag aus der DDR zu stellen.

Uraufführung mit dem Kölner Bach-Verein
Seine erste Station in der Bundesrepublik war Mülheim an der Ruhr, wo er als Kantor arbeitete. 1983 holte ihn dann der Kölner Bach-Verein in die Domstadt. Als künstlerischer Leiter des Vereins arbeitete er bis 1994, unternahm mit dem Chor zahlreiche Konzertreisen, unter anderem zu den Salzburger Festspielen und zum Internationalen Musikfestival „Warschauer Herbst“. Ein weiterer Höhepunkt war die erste Uraufführung in der Geschichte des Kölner Bach-Vereins: „Cantiones de circulo gyrante“, ein Werk von Klaus Huber über Texte von Heinrich Böll und gregorianische Melodien von Hildegard von Bingen. Die Uraufführung fand in St. Maria im Kapitol am 10. November 1985 statt und war „ein beeindruckendes Erlebnis“, schwärmt der Kirchenmusiker.

Studienfahrten zu historischen Orgeln
Neben seiner Tätigkeit für den Bach-Verein arbeitete Collum schon bald für die evangelische Kirche. 1986 übernahm er die Organisten-Stelle in Köln-Rath, wo er auch heute noch wohnt, 1988 kam er als Kantor an die Reformationskirche in Köln-Bayenthal. 2000 übernahm er zusätzlich die Stelle des Kirchenmusikers in Sürth-Weiß, und seit 1993 ist er Kreiskantor des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd. Für die Gemeinden organisierte er zahlreiche Studienfahrten zu historischen Orgeln. Sein letzter „Orgeltag“ findet am Samstag, 6. September, statt. „Für mich ist es wichtig, im Gespräch die Musik und die Facetten der Orgel als ,Königin der Instrumente‘ nahe zu bringen. Auch moderne Musik, Jazz oder Pop gehören dazu“, betont der Musiker. Die unterschiedlichen Registrierungen der Orgeln seien wie die Farben eines Malers. „Man muss sie finden und dann zusammenstellen, man muss mit dem Instrument eine Einheit bilden, um die Musik richtig zum Klingen zu bringen“. Er selbst hat auf vielen bedeutenden Orgeln gespielt, in den Domen von Berlin, München, Hamburg, Aachen, Genf, Zürich und – außergewöhnlich für einen protestantischen Kirchenmusiker – im Kölner Dom. Bei diesen Konzerten kamen auch Werke seines Vaters Herbert Collum zur Aufführung.

Chorarbeit, Auftragskomposition und Uraufführung
In den Gemeinden brachte Collum mit Engagement die Chorarbeit voran. Jeweils einen Kirchen- und einen Kinderchor in Bayenthal und in Sürth-Weiß hat er geleitet, dazu Singfreizeiten der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) für Familien und Kinder.
Zahlreiche Kantatengottesdienste und Kindermusicals wurden in den beiden Kirchengemeinden Bayenthal und Sürth/Weiss aufgeführt. An der Orgel wagte Collum im Gottesdienst auch neue ungewohnte Töne und lies gern die Predigt in einer Orgelmeditation nachklingen. Die musikalische Gestaltung der Gottesdienste ist für ihn immer wichtig gewesen. „Es macht mir Freude, mit Menschen zu musizieren, und ich danke allen, die die Musik offen und mit Interesse in Gottesdienst und Konzert mitgehört und unterstützt haben!“
Ein bedeutendes Projekt als Kreiskantor war die Organisation einer Auftragskomposition des Kirchenkreises Köln-Süd für den Komponisten Wilfried Maria Danner. Die Uraufführung von „Les couleurs de l’arc-en-ciel“ – ein imaginäres Requiem für Orgel, Tanz, Elektronik und Licht-Design – und drei weitere Konzerte waren für Collum ein kirchenmusikalischer Höhepunkte in seinem letzten Dienstjahr im Kirchenkreis Köln-Süd.

Text: Jörg Fleischer
Foto(s): Fleischer