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Ausstellung zeigt Schlaglichter aus 225 Jahren Friedenskirche Mülheim

Nein, das Bildmotiv auf Plakat und Katalogeinband zur Ausstellung verweist keineswegs auf die gelingende Ökumene in Mülheim. Wer genau hinschaut, kann ausmachen, dass sich darin nicht verschiedene Sakralbauten miteinander kombiniert finden. Tatsächlich ist allein die Friedenskirche abgebildet: Drei Mal der Turm des 1786 geweihten Gotteshauses der Evangelischen Kirchengemeinde Mülheim am Rhein in verschiedenen Zeiten. Anlass für die Präsentation bietet ein besonderer „Geburtstag“. Die Friedenskirche an der Wallstraße, seit der Eingemeindung Mülheims 1914 nach Köln älteste evangelische Kirche im Stadtgebiet, besteht seit 225 Jahren. Ihr Bau war eine direkte Reaktion auf ein folgenreiches Naturereignis. Im Februar 1784 zerstörte ein über die Ufer des Rheins tretender Eisgang nicht nur zahlreiche Wohnbauten in Mülheim. Betroffen war ebenso die damalige Andreaskirche der lutherischen Gemeinde. Allein der Turm blieb verschont. Schon bald danach wurden die Weichen für eine Nachfolgerin gestellt. Sie sollte an einem geschützterem Platz entstehen. Die Wahl fiel auf die höher gelegene Wallstraße. Bereits am 12. November 1786 konnte man die Einweihung der neuen Andreaskirche feiern. Ihren heutigen Namen Friedenskirche erhielt sie mit der Verbindung der lutherischen und reformierten Gemeinde Mülheims 1837.



Gut gegliederte, übersichtliche Darstellung
Über diese Ereignisse und das Schicksal des Gotteshauses in den folgenden Jahren, bis zum Zeitpunkt der nach Kriegszerstörung Oktober 1944 und Renovierung erfolgten Wiedereinweihung November 1960, unterrichtet die am Reformationstag 2011 eröffnete Ausstellung. Zusammengestellt hat sie Christiane von Scheven, Presbyterin und promovierte Kunsthistorikerin mit Schwerpunkt Architektur. Sie zählte bereits zum Kreis der vier Personen, die die umfangreiche Präsentation zum 400-jährigen Bestehen der Kirchengemeinde 2010 organisiert haben. Schon damals reifte in von Scheven der Entschluss, auch das 225-jährige Bestehen der Friedenskirche entsprechend zu würdigen. Gedacht, getan. Mit Unterstützung einzelner Gemeindemitglieder, mit Exponaten aus Gemeindebesitz und weiteren originalen wie reproduzierten Schrift- und Bild-Dokumenten ist der Kuratorin eine gut gegliederte, übersichtliche Darstellung gelungen. „Außer den Prunkstücken, die bereits 2010 zu sehen waren, haben wir für die Besuchenden neue Exponate ausgewählt“, so von Scheven. Zu den Prunkstücken gehört die so genannte Eisbibel der Gemeinde, die den Eisgang von 1784 überstanden hat. Aber auch die nach dem Krieg erworbenen Prinzipalstücke oder die Altarbibel von 1960 entfalten ihren eigenen Reiz. Ebenso historische Zeitungsausschnitte, Bilder von früheren Innengestaltungen oder gerahmte (Turm)Baupläne – und die freien Zeichnungen sowieso, in denen Wilhelm Wegener die Situation vor und nach der starken Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, wiederum blieb allein der Turm stehen, festgehalten hat.

Das Abendmahlsgerät: Spätbarocke Kostbarkeiten
Besondere Freude bereitete von Scheven die intensive Beschäftigung mit dem historischen, silbernen Abendmahlgerät. „Darüber war bislang nichts bekannt.“ Nun steht fest: Kelch, Deckelkanne und Hostiendose stammen aus der renommierten Werkstatt des 1790 verstorbenen Augsburger Gold- und Silberschmieds Emanuel Gottfried Meisgeyer. Auf die Spur brachten von Scheven die ins Metall eingestanzten Marken. Sie zeigen zum einen das Meistermonogramm EGM, zum anderen einen Pinienzapfen, das alte Beschauzeichen (eine Art Gütesiegel) der Stadt Augsburg. Gefertigt wurde das Abendmahlgerät zwischen 1785 und 1786. Gearbeitet ist es in spätbarockem, klassizistischem Stil. Die Kostbarkeiten sind eine Stiftung von Christoph Andreae (1735-1804). In der Ausstellung ist er in Form eines zeitgenössischen Ölportraits, das neben dem seiner Gattin Maria Christine hängt, „anwesend“. Der Mülheimer Kaufmann war damals einer der Ältesten sowie „Caßierer der lutherischen Gemeinde“. Er ließ das Abendmahlgerät zur Weihe der neuen Kirche 1786 anfertigen.

Sichtbare Traditionen einer evangelischen Gemeinde
„Ich möchte den Menschen etwas von der langen Historie der Friedenskirche und Tradition unserer Gemeinde vermitteln“, erklärt von Scheven ihre Motivation für die Ausstellungsarbeit. Dabei wünscht sie sich, dass der jetzige Zustand des Gotteshauses „auf Dauer erhalten und die Geschichte dieser Kirche noch lange in der Erinnerung der Gemeindeglieder und der Besucher lebendig bleibt“. Übrigens erfolgte von 1989 bis 2002 die letzte Sanierung des Gebäudes und unverändert gültige Umgestaltung seines Innenraumes. Verantwortlich zeichnete das Kölner Architekturbüro Scherer, Maier und Partner. Unter anderem führte es den zuvor leicht erhöhten Altarbereich auf das Raumniveau und somit in den ursprünglichen Zustand zurück. Entfernt wurden zudem die steinernen Fußbodenplatten. Sie wichen warmtonigem Parkett. Schließlich hielten neue, von Walter Maier entworfene Prinzipalstücke Einzug: Altar, Taufständer mit Schale, Lesepult und Kreuz.

Öffnungszeiten
Geöffnet ist die Ausstellung in der Friedenskirche in Köln-Mülheim, Wallstraße 70, bis zum 25. November: samstags von 15 bis 17 Uhr, sonntags von 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung unter der E-Mail-Adresse vonschevenchristiane@t-online.de. Begleitet wird die kleine, feine Schau von einem ebensolchen Katalog. Er wird gegen eine Spende abgegeben. Erhältlich ist die 40-seitige illustrierte Schrift auch im Gemeindebüro, Wallstraße 93.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich