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Außergewöhnliches Väterglück

„Glück hat viele Gesichter“ stellte Pfarrer Armin Beuscher, Vorsitzender des Presbyteriums, in seiner Einführung zur Vernissage in der Paul-Gerhardt-Kirche fest. Zum Beispiel die von Sven und Frederik, Vater und Sohn, die fröhlich, selbstbewusst, ein wenig schelmisch in die Kamera lachen. Dabei hatte Sven nach Frederiks Geburt noch andere Gedanken: „Er kam reingeflogen – mit einem Extra-Chromosom im Gepäck. (…) Die Diagnose warf mich aus meiner Selbstverständlichkeit “ beschreibt er, wie er nach der Geburt auf der Intensivstation begann, das von der Norm abweichende Kind anzunehmen. So wie bei Sven und Frederik berichten viele der kurzen Begleittexte zu den Fotos von dem anfänglichen Schock, den die Diagnose „Down-Syndrom“ bedeutete. Die Bilder der Stuttgarter Porträtfotografin Conny Wenk sprechen eine andere Sprache: Sie zeigen Lebensfreude und Zuversicht, Innigkeit und Ausgelassenheit zwischen Vätern und Kindern. Sie tollen durch Parks, albern herum, schneiden Geburtstagstorten an, telefonieren und schmusen. „Die Kinder auf diesen Bildern haben zwei Dinge gemeinsam: Das Unwichtige ist das Down Syndrom, das Wichtige: Sie haben stolze und glückliche Väter“ stellte auch der Schirmherr der Ausstellung, Stadtsuperintendent Rolf Domning, in seinem Grußwort fest und beglückwünschte Beuscher und das Forum „Kirche trifft Kultur“ zu der ungewöhnlichen Porträtausstellung.

Ermutigt vom Lob der anderen Mütter
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte – dies wusste auch der Arbeitskreis Down Syndrom e.V., in dem sich betroffene Eltern seit 33 Jahren engagieren. Die Anfrage der Stuttgarterin Conny Wenk, selbst Mutter einer Tochter mit Down Syndrom, kam daher wie gerufen: Wenk hatte in einem Mütterkreis begonnen, Porträtfotos betroffener Mütter und ihrer Kinder zu machen. Ermutigt vom Lob der anderen Mütter fragte sie beim Arbeitskreis Down Syndrom e.V. Unterstützung an und rannte offene Türen ein. „Der Arbeitskreis hat früh den Satz geprägt: „Wir wollen Bilder in die Köpfe der Menschen bringen“, berichtet Rita Lawrenz, Vorsitzende des Arbeitskreis Down Syndrom e.V. Als ihr eigener Sohn vor 25 Jahren mit der Chromosomenabweichung geboren wurde, „waren wir geschockt“, erinnert sie sich. „Es gab zum Thema Down Syndrom nur verstaubte Lexika. Irgendwann haben wir die zugeklappt, unser Kind angesehen und gedacht: Das kann nicht stimmen“. So wie sie und ihr Mann ihre eigenen Erfahrungen mit ihrem Kind machten, schuf Wenk ihre eigenen Bilder, die der Arbeitskreis Down Syndrom e.V. 2004 als erstes Buch herausbringen konnte. Down-Syndrom-Kinder als fröhliche, lebensfrohe Kinder unmedizinisch jenseits von Herzfehlern, Lerndefiziten und sonstigen Einschränkungen abzubilden war das erklärte Ziel. Der Bildband „Außergewöhnlich“ porträtierte noch Mütter und ihre Kinder mit Down Syndrom, endete aber mit der Ankündigung: „Jetzt sind die Väter dran“.

Einlösung eines Versprechens
2008 konnte der nächste Bildband, „Außergewöhnlich – Väterglück“ erscheinen, auf dessen Material die Ausstellung basiert, die in der Paul-Gerhardt-Kirche zu sehen ist. Bis 2012 ist „Väterglück“ als Wanderausstellung ausgebucht, zieht Lawrenz stolz Bilanz. Sie hofft, dass diese Ausstellung weiteren betroffenen Eltern Mut macht. „Das Down Syndrom ist kein Ende, sondern ein Anfang.“ So wie für ihren Ehemann Kurt Lawrenz, Vater des fünfundzwanzigjährigen Dennis, der in der Ausstellung porträtiert ist. „Er wurde früh selbständiger, als wir je gedacht hatten“, erinnert sich Lawrenz in seiner Geschichte. Sein Sohn besuchte eine reguläre Grund- und Gesamtschule bis zur 10. Klasse und erhielt sogar ein Integrationsangebot von unerwarteter Seite: Als er 18 wurde, flatterte der Musterungsbescheid ins Haus – erst die Vorlage der nötigen Dokumente und viel Behördenverkehr bewirkten, dass die Einberufung aufgehoben wurde.

Die Ausstellung „Außergewöhnlich: Väterglück“ ist bis zum 30. September in der Paul-Gerhardt-Kirche (Gleueler Straße 106, Ecke Lindenthalgürtel) zu sehen. Öffnungszeiten montags bis freitags 17 bis 19 Uhr, sonntags und dienstags 11 bis 13 Uhr, weitere Stationen: Rosenheim, Dresden, Schwerte/Ruhr.

Text: Annette von Czarnowski
Foto(s): Annette von Czarnowski