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Über kirchliches Engagement in Sachen Umwelt spricht Dr. Martin Horstmann in der Melanchthon-Akademie

Anschluss verpasst? – Semesterauftakt der Melanchthon-Akademie zur Öko-Bewegung in der Kirche

Wo stehen wir eigentlich? Kirche hier, Umweltschutz dort, lautete das etwas provokante Fazit von Dr. Martin Horstmann. In seinem Vortrag zur Semestereröffnung an der Kölner Melanchthon-Akademie legte der Studienleiter eine Bestandsaufnahme vor und gab Impulse für ein größeres Umweltengagement von Kirche und Gemeinden.

Einen günstigeren Zeitpunkt hätte es dafür nicht geben können. In dieser Woche startet die erste bundesweite interreligiöse Naturschutzwoche, an der sich in Köln auch das Abrahamische Forum in Deutschland, die Melanchthon-Akademie und die Evangelische Gemeinde Köln beteiligen. Und auch Redebedarf scheint es genug zu geben. Das zeigte sich in der Anschlussdiskussion mit dem Publikum und bei den angeregten Debatten am Büffet. Denn zwei drängende Fragen hingen im Raum.

Breites christliches Engagement nötig
Die erste analysierte Horstmann in seinem Vortrag: „Verpasst die Kirche den Anschluss an ökologische Aufbrüche?“ Schmelzende Gletscher, Insektensterben, Plastik in den Weltmeeren. Ein Umdenken zu einem nachhaltigen Lebensstil wird immer notwendiger, das legte Horstmann eindrücklich dar. Gleichzeitig erlebten die sehr pragmatischen Initiativen in diesem Bereich derzeit einen großen Zulauf. Im Gegensatz zu den 80ern spiegele sich diese Bewegung aber nicht in den Kirchen wider, so Horstmanns Beobachtung. Obwohl es einzelne Projekte in den Gemeinden und ökologische Publikationen der Kirche gebe, fehle das christliche Engagement in der breiten Masse.

Die andere Frage stand wie ein Elefant im Raum und wurde ab und zu berührt: Wo sind die jungen Leute? Am mangelnden Umweltbewusstsein liege es nicht, konnten viele aus dem überwiegend älteren Publikum über ihre Kinder berichten. Da wird einfach ausprobiert und gemacht. Verzicht auf Fleisch, „zero waste“, das eigene Konsumverhalten mit globalem Blickwinkel überdacht. Die Kirche hätte zurzeit mehr mit dem eigenen Mitgliederschwund zu kämpfen, so etwa eine Wortmeldung nach dem Vortrag.

Kirchliche Debatten und mutige Theologen
Darin sah Horstmann auch einen der Gründe für das geringer werdende Umweltengagement in der Kirche. Im Gegensatz zu heute sei die Kirche in den 70er und 80er Jahren noch im Wachstum begriffen gewesen. Das brachte Geld und Menschen, die sich für die Themen interessierten. Die Hauptursache sehe er aber darin, dass sich die brennenden ökologischen Fragen nicht mehr in den öffentlichen kirchlichen Debatten niederschlügen. Mehr mutige, umweltengagierte Bischöfe und Pfarrer wünschte sich auch in der Anschlussdiskussion eine Stimme aus dem Publikum.

Eine zwiespältige Haltung fand sich auch am Büffet wieder. Kein Fleisch mehr essen? Gute Idee, die armen Tiere. Aber verzichten will man dann doch nicht immer. Ökostrom? Ja, bitte! Aber ohne Kohle ginge es ja am Ende auch nicht. Die Arbeitsplätze, die Wirtschaft… Dilemmata, die sich auch in der Umweltpolitik wiederfinden. Was tun?

Die Bibel verstärkt in ökologischer Perspektive zu lesen, eine naturverbundene Spiritualität und ökologische Themen in allen Gemeindebereichen zu installieren, sah Horstmann Ansatzpunkte für einen „Großen Wandel“ hin zu Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein innerhalb der Kirche. Allein mit sachkundigen Denkschriften und moralischen Appellen sei dies nicht zu schaffen. „Ich glaube, dass es so etwas braucht wie einen inneren Wandel, der auch eine transzendente oder geistliche Dimension hat“, so Horstmann.

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Bienen und Honig in den Religionen – und in unserer Welt
Tagung am 6. September in der Melanchthon-Akademie
Das weltweite Bienensterben bedroht nicht nur das kulturelle und religiöse Erbe, sondern auch elementare Ernährungsgrundlagen. Damit beschäftigt sich eine interdisziplinäre Tagung am Donnerstag, 6. September, von 9 bis 17 Uhr, in der Kölner Melanchthon-Akademie, Kartäuserwall 24b. Im Rahmen der Interreligiösen Naturschutzwoche treffen sich Religionswissenschaftler, Historiker, Naturschützende und Interessierte, um den Fortbestand von Fauna und Flora zu erörtern. Die Teilnahme ist frei, eine Anmeldung erforderlich.

Die Tagung der Melanchthon-Akademie findet in Kooperation mit dem Abrahamischen Forum e.V. und der „HonigConnection“ des Kölner Imkervereins von 1882 e.V. statt.

Anmeldung unter:
anmeldung@melanchthon-akademie.de
www.melanchthon-akademie.de

 

Text: Felix Eichert
Foto(s): Felix Eichert