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„Alles, was nicht in eine SMS oder E-Mail passt“: Die evangelische Fastenaktion 2010 steht unter dem Leitgedanken der direkten, menschlichen Nähe

„7 WOCHEN OHNE“ heißt die Fastenaktion der Evangelischen Kirche und der Name ist Programm. Hier geht es nicht so sehr darum, was man weglässt in den vierzig Tagen vor Ostern, es geht ums „Ohne“. Wer sieben Wochen etwas verzichtet, sollte im Sinne der Evangelischen Kirche nicht besonders hart oder gar asketisch gegen sich selber vorgehen. Vielmehr soll diese Aktion dabei helfen, etwas freizulegen und in Bewegung zu bringen: Wer satt war, muss nicht unbedingt hungern, aber der Verzicht macht Appetit – auf das Leben. In diesem Sinne brechen Christinnen und Christen mit Gewohnheiten, selbstverständlichen Gesten des Alltags, machen etwas anders als sonst und bringen damit, leise und ohne ruckartige Bewegungen, gewohnte Ordnungen durcheinander. Vielleicht läuft alles nicht mehr ganz so rund und vorhersehbar wie sonst. Vielleicht stolpert man auf einmal im gewohnten Takt. Der Tagesablauf verschiebt sich, Zeit ist da, wo Hetze war. Ruhig und wach hören wir uns selber wieder – und Gott. Diese Zeit im Kirchenjahr lebt auf Veränderung und Erneuerung hin.

Der Bezug auf Jesus – in der Fastenzeit ganz nah
„Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn“ (Mt 4,2). Christliche Fastentraditionen erinnern an die vierzig Tage und Nächte, die Jesus nach seiner Taufe in der Wüste verbrachte und fastete. Im Alten Testament begegnen Menschen mit Fasten den Übergängen zwischen unterschiedlichen Phasen und Sphären. An der Nahtstelle von Leben und Tod, beim Trauern oder in Lebensgefahr wird gefastet – vornehmlich in Sack und Asche. Aber auch zu Gerichtsprozessen, an der Grenze von Recht und Unrecht, enthält man sich der gewohnten Speisen. Und wer sich an Gott wenden will, bereitet sich mitunter in einer Fastenzeit darauf vor. Seit Jesu Tod besinnen sich Christen durch Fasten auf das Leiden und Sterben Jesu Christi. Vom Ende der Fastenzeit her leuchtet Ostern, die Auferstehung, das Leben nach dem Tod.

Unsere vernetzte Welt bietet widersprüchlichen Luxus: Kommunikation rund um die Uhr, ohne unbedingt zu wissen, mit wem; Kontakte rund um den Globus, aber nicht mit den eigenen Nachbarn. Die virtuellen Verknüpfungen im globalen Dorf machen vieles schneller, einfacher und bequemer – aber die Wege zueinander werden doch nicht kürzer. Will ich den anderen wirklich erreichen, dann ist das immer noch „Handarbeit“, eigener Einsatz. Gemeinschaft lebt von der Begegnung – von Angesicht zu Angesicht, mit offenem Visier, ohne doppelten Boden.

Fastenaktion 2010: „Näher!“ = „alles, was nicht in eine SMS oder E-Mail passt“
Die Fastenaktion »7 Wochen Ohne« will im Jahr 2010 dazu ermuntern, das Wagnis und den Luxus leibhaftiger Nähe zuzulassen. Sie will Raum schaffen, will Menschen mit Worten und Bildern begleiten – für ein Streitgespräch, einen Krankenbesuch oder eine überfällige Liebeserklärung. Für alles, was nicht in eine SMS oder E-Mail passt. »Näher!«, lautet der Lockruf, mit dem die Evangelische Kirche einlädt, Robinson’sche Einsamkeiten aufzugeben, Bündnisse auszuhandeln, Überraschungsbesuche zu machen, eingeschlafene Kontakte aufzuwecken und einander die Freundschaft zu erklären. „Wagen Sie sich aus der Deckung und richtig nah dran, kosten Sie beides aus: die Gänsehaut des Genusses wie der Gefahr. Erkunden Sie die eigenen Grenzen wie auch die Ihrer Nächsten, ignorieren Sie sie nicht, aber prüfen Sie eine Verlegung: hin zu mehr Berührung, mehr Begegnung, mehr Zusammen“, schreiben die Initiatoren auf der Website und beenden den Aufruf zur diesjährigen Fastenaktion mit folgenden Sätzen: »’Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei‘ – das ist Gottes Absicht und zugleich ein Segen. Als gottebenbildliche Geschöpfe sind wir zutiefst gesellig. Lassen Sie sich das in der Passionszeit gesagt sein – und sagen Sie es weiter -, gönnen Sie sich und anderen sieben Wochen ohne Scheu.«

Material
Wie immer, hat die evangelische Aktion „7 Wochen ohne“ auch dieses Jahr wieder eine Menge an Informationen und Materialien zusammengestellt: Für Einzelpersonen ebenso wie für Gruppen in Gemeinden und anderswo. Zum Beispiel den Tageswandkalender für jeden Tag, den Wandkalender mit drei Fastenbriefen, den Tischkalender für jeden Tag oder den Wochenkalender. All dies kann man im Internet hier bestellen. In Köln geht das aber auch ohne virtuelle Kontakte, im nahen, persönlichen Kontakt: In der Evangelischen Informationsstelle an der Antoniterkirche, Schildergasse 57. Angeboten wird hier zwei Fastenkalender: der Tageswandkalender, broschiert, für 10,80 Euro oder als Tagestischkalender für 8,90 Euro. Die Öffnungszeiten der Informationsstelle sind montags bis samstags, jeweils von 12 bis 16 Uhr.
Im Internet gibt es außerdem das Gemeindepaket bestehend aus einem Arbeitsheft mit CD-ROM und einem Plakatset. Das Arbeitsheft enthält Texte für eine intensive Beschäftigung mit dem Aktionsmotto. Neben Impulsen für Gottesdienste und Gesprächsgruppen gibt es Lektionen für den Unterricht. Mit Beiträgen zu den Wochenthemen von Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler, Katrin Göring-Eckardt (Präses der EKD-Synode), Superintendent Andreas Lange, dem Theologen Fulbert Steffensky und andere. Auf der CD-ROM gibt es weiteres Arbeitsmaterial, sieben offizielle Bilder (Bildinterpretationen im Heft) und das Aktionsmotiv.
Weiterhin sind auf der Internetseite ausgewählte Bücher zu beziehen, etwa von Christoph Markschies: „Das Leben lieben und gute Tage sehen – Texte für die Seele“ oder „Meine Füße auf weitem Raum“ – ausgewählte Predigten von Margot Käßmann. Oder „Mystik im Christentum“, Stephan Cezanne: „Was wir feiern“ und – als Hörbuch – : Das Hohelied der Liebe, eine biblische Sammlung wunderbarer Liebeslyrik, oder: „Geben, was wir nicht haben“: In neun Abschnitten reflektiert der Theologe und Religionspädagoge Fulbert Steffensky über den Segen und das Segnen; vom gleichen Autor außerdem „Schöne Aussichten: Biblisch-theologische Gedanken“. Schließlich gibt es noch das Schmuckset Engel: „Zeigen Sie Verbundenheit mit Ihrer Familie, mit Freunden oder Ihrer Fastengruppe“ – ein Kautschukcollier mit Anhänger aus Sterlingsilber.

Fastengruppen
Für Fastengruppen schließlich gibt es einen besonderen Service: Nach Postleitzahlen sortiert, können sich Interessierte jederzeit eine Fastengruppen in ihrer Nähe suchen. Bereits bestehende Fastengruppen können ihr Angbot über diese Seite publik machen.

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