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Bettina Kurbjeweit, Jost Mazuch, Ivo Masanek, Susanne Beuth, Eckart Schubert (von rechts nach links), außerdem Gäste aus der Lindenthaler Gemeinde und Pfarrer Karl-Josef Schurf aus der katholischen Gemeinde Sülz-Klettenberg feierten gemeinsam 50 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Köln-Klettenberg

„Alles hat seine Zeit“ – 50 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Köln-Klettenberg

„Alles hat seine Zeit.“ So lautete das Motto des Festgottesdienstes am vergangenen Sonntag im Tersteegenhaus. Hier, in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Klettenberg, war an diesem Tag Zeit für einen Rückblick. Genau 50 Jahre ist es her, dass die damals wachsende Lindenthaler Gemeinde geteilt wurde. Nur durch diesen Schritt wurde damals eine weitere Pfarrstelle bewilligt. So kam es, dass die Sülzer und Klettenberger Protestanten nicht länger Teil von Lindenthal waren, sondern 1968 eine eigenständige Gemeinde bilden. Zu ihr gehören das Tersteegenhaus in der Emmastraße und die Johanneskirche in der Nonnenwerthstraße.

Zahlreiche Gäste waren erschienen, um mit den Sülz-Klettenbergern zu feiern, darunter Vertreter der katholischen Nachbargemeinden St. Bruno, St. Nikolaus und St. Karl Borromäus, Angehörige der evangelischen Gemeinde Lindenthal und der Bezirksvertretung. Begleitet wurde das Jubiläum von der Johanneskantorei, den Johannesbläsern und dem Posaunenchor Köln-Lindenthal.

 

„Eine Gemeinde, die Verantwortung übernimmt“

„1968 war ich zehn und hatte noch keinen Bezug zu dieser Gemeinde. Später änderte sich das aber“, bekannte in seinem Grußwort der stellvertretende Bezirksbürgermeister Roland Schüler (Bündnis 90/Grüne). „Es ist eine Gemeinde, die viel Verantwortung für die Welt übernimmt“, so Schüler weiter. Das habe sich in der Vergangenheit gezeigt, wenn Redner wie Ernesto Cardenal hier ein Forum fanden. Es sei aber auch gegenwärtig durch die Flüchtlingshilfe zu spüren, die in diesem Stadtteil sehr präsent sei.

Das Pfarrteam, dem zwei Pfarrerinnen, zwei Pfarrer und zwei Vikare angehören, hatte Bettina Kurbjeweit für die Predigt ausgewählt. Sie kam erst 2015 dazu und hatte es mit Blick auf das Jubiläum übernommen, in das Archiv einzutauchen und die Geschichte der Gemeinde aufzuarbeiten. Sie ließ Revue passieren, was die Protestanten in Johanneskirche und Tersteegenhaus während der vergangenen fünf  Jahrzehnte bewegte.

 

Spürbare Spuren des Umbruchs

„Auch, wenn es beide Häuser schon länger gab: Es gibt da etwas, das 50 Jahre Gemeinde ausmacht“, so Pfarrerin Kurbjeweit. Das Gründungsjahr, 1968, habe dazu durchaus seinen Teil beigetragen: „Es war eine Zeit des gesellschaftlichen Auf- und Umbruchs, und das wurde in der neuen Gemeinde deutlich spürbar“, beschrieb Kurbjeweit und nannte zahlreiche Beispiele dafür, wie auf internationaler und lokaler Ebene ein friedliches Miteinander aufgebaut wurde. Bedeutung hatte in den Anfangsjahren zum Beispiel das Engagement für Polen, die aktive Arbeit für und mit Menschen mit Behinderung und der Aufbau einer engen Verbindung zur Synagogengemeinde in der Roonstraße, aber auch die lebendige Ökumene im Stadtteil.

Kurbjeweit würdigte auch die Pfarrerin und Pfarrer, die ihr und ihren Kollegen vorausgingen: „Walter Boysen, auf den die Form des Tersteegenhauses zurückgeht“, und der, ebenso wie Horst Schumann, den Übergang der Gemeinde in die Selbständigkeit begleitete. Eckart Schubert, Eberhard Viertel, Uwe Seidel, die über viele Jahrzehnte hin die Entwicklung prägten, oder Ingrid Schneider, die erste Pfarrerin im Stadtteil. Auch in der jüngeren Vergangenheit ist viel passiert – etwa das konsequente Zusammenrücken von Tersteegenhaus und Johanneskirche, das durch Susanne Beuth, Gaby und Ivo Masanek und Jost Mazuch vorangetrieben wurde. Ein anderes Großprojekt war der Bau des Friedrich-Lamerdin-Hauses mit seniorengerechten Wohnungen. „Es gibt viel Anlass zum Danken“, so Pfarrerin Kurbjeweit: „Es ist ein Geschenk Gottes, wenn das, was Menschen in seinem Namen beginnen, Frucht bringt.“

 

Realismus, Kühnheit und Mut

Schmunzelnd nahm Pfarrerin Kurbjeweit Bezug auf die aktuelle Ausgabe der Gemeindezeitung „Wegweiser“, in der ihr Kollege Jost Mazuch spekuliert, wie die Lage in fünfzig Jahren aussehen könnte. Vielleicht so: Ein Versandhaus hat dann wohl zwischenzeitlich das Tersteegenhaus gekauft, um es als Logistikzentrum zu nutzen, aber „nach langwierigen Verhandlungen ist es gelungen, das ehemalige Tersteegenhaus zurückzukaufen“, heißt es in Mazuchs fiktivem Statement zum Jahr 2068. In diesem Gedanken stecke genau jene Mischung von Realismus, Kühnheit und Mut, den es heute brauche.

Im Anschluss an den Festgottesdienst waren alle Gäste zu einem Empfang im Foyer und zu einer Ausstellung über Geschichte der Kirchengemeinde eingeladen.

Text: Johanna Tüntsch
Foto(s): Ulrich Bauer