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Pfarrerin Dagmar Schwirschke arbeitet im Amt für Gehörlosenseelsorge

Allerhand Alltagsgeschichten zum Thema Meinungen ändern und überdenken

Diesmal berichtet Dagmar Schwirschke in Allerhand Alltagsgeschichten über eine Geschichte, die viel darüber aussagt, wie schwierig es manchmal ist, eigene Meiungsbilder zu überdenken und neue Denksmuster zu akzeptieren und anzunehmen. „Jesus selbst wusste sehr genau, wie schwer es für uns Menschen ist, zu vertrauen. Dass es für uns einfacher ist, wenn wir einmal eine Meinung gefasst haben, dass die bei uns auch bleibt, weil wir uns damit auch sicher fühlen. Seine eigene Meinung zu überdenken, umzudenken, offen zu sein, tolerant zu sein und zu vertrauen, das bedeutet immer auch ein gewisses Risiko für uns“, erzählt Schwirschke in Gebärdensprache.

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Hier der gesamte Text zum Nachlesen:

Hallo und herzlich Willkommen bei ALLERHAND-Alltagsgeschichten!

Vor ein paar Tagen habe ich im Fernsehen einen Film geschaut und dieser Film hat mich nicht mehr losgelassen. Ich möchte Euch gerne erzählen, warum. In diesem Film waren zwei Familien, die erste Familie bestand aus einer jungen Frau und ihrer Tochter, die ungefähr sechs Jahre alt war, eine deutsche Familie. Die zweite Familie war eine türkische Familie mit Vater und Mutter. Und auch da gab es eine Tochter von acht Jahren. Beide Familien waren sehr miteinander befreundet, haben viel zusammen unternommen, viel Kontakt gehabt, sich gegenseitig besucht.

Später dann ist es leider, leider passiert, dass die alleinerziehende junge Mutter durch einen Verkehrsunfall verstorben ist. Aber sie hatte ein Testament hinterlassen und in diesem Testament festgehalten, dass für den Fall, dass sie versterben sollte, ihre türkische befreundete Familie die kleine Tochter aufnehmen sollte. Es gab da auch noch Großeltern, aber die Großeltern hatten zu dem Mädchen keinen Kontakt. So hat das türkische Ehepaar lange überlegt, ob es das Mädchen aufnehmen sollte und hat sich schließlich dafür entschieden, es aufzunehmen. Zum einen, weil beide das Kind sehr geliebt haben, zum anderen, weil das Kind das türkische Ehepaar sehr gut kannte. So ist das Kind also in die türkische Familie gekommen und sie haben sich zusammengefunden.

Aber es gab viele Probleme, die von außen an die Familie herangetragen wurden. Zum Beispiel waren da die Großeltern, die sehr dafür gekämpft haben, dass das Kind zu ihnen in die Familie kommen sollte. Und sie haben auf sehr unschöne Weise dafür gekämpft, denn sie haben sehr viel Negatives über die türkische Familie erzählt. Zum Beispiel gesagt: Das Kind muss ständig in die Moschee, das Kind muss den muslimischen Glauben annehmen, das Kind darf kein Schweinefleisch essen. Und sie haben überall darüber gesprochen.

Der türkische Mann aus der Familie hat gesagt: Aber das stimmt doch nicht, wir sind offen, wir sind eine tolerante Familie und wir zwingen das Kind auch zu nichts. Weil es alt genug ist, kann es selbst entscheiden, welchen Glauben es haben möchte. Aber die Großeltern haben nicht darauf gehört. Und auch die Lehrerin des Kindes hat zu der türkischen Familien, Eltern, Schwester und Brüder, bei einem Treffen gesagt: Warum nehmt ihr denn ein deutsches Kind auf? Da sind nur Türken. Also alle Leute außerhalb haben diese türkischen Menschen in dieser Familie beschimpft und schließlich und endlich hat das Vormundschaftsgericht entschieden, dass das Kind zu seinen Großeltern muss.

Ich selber habe überlegt, warum ist das eigentlich so, dass alle Leute dieses türkische Ehepaar beschimpfen? Alle Deutschen sagen, ein deutsches Kind ist in einer türkischen Familie nicht gut aufgehoben, und die türkischen Leute haben auch gesagt, ja ein deutsches Kind ist in einer türkischen Familie nicht gut aufgehoben. Alle waren mit Vorurteilen behaftet und keiner hatte irgendein Vertrauen zu diesem türkischen Ehepaar. So konnte auch keiner von all diesen Menschen sehen, dass die beiden mit sehr viel Liebe dieses Kind erzogen haben, dass sich das Kind bei den beiden sehr wohl gefühlt hat.

In der Bibel gibt es viele Geschichten darüber, wie Jesus zu Menschen sagt: Warum habt ihr Angst? Warum habt ihr kein Vertrauen oder noch kein Vertrauen? Jesus selbst wusste sehr genau, wie schwer es für uns Menschen ist, zu vertrauen. Dass es für uns einfacher ist, wenn wir einmal eine Meinung gefasst haben, dass die bei uns auch bleibt, weil wir uns damit auch sicher fühlen. Seine eigene Meinung zu überdenken, umzudenken, offen zu sein, tolerant zu sein und zu vertrauen, das bedeutet immer auch ein gewisses Risiko für uns. Wir wissen nicht so richtig, was kommen wird. Neue Erfahrungen sind ja immer auch Unbekanntes für uns.

So wollte Jesus uns Mut machen und uns sagen: Vertrauen bedeutet immer auch Leben. Ich habe ja eben die Geschichte über die türkische Familie erzählt und über die Menschen, die sie kritisiert haben. In diesem Fall wäre es eine Möglichkeit gewesen, wenn die Leute der Familie mehr vertraut hätten. Dann hätten sie auch sehen können, was für wunderbare Eltern die beiden für das Kind sind, und dass das für das Kind, für seine Entwicklung und auch für sein Leben sehr, sehr wichtig ist. Deshalb wollte Jesus uns Mut machen: Langsam, Schritt für Schritt mehr Vertrauen zu lernen. Tschüss bis zum nächsten Mal!

Text: APK
Foto(s): APK