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Alaaf!!! Karneval in evangelischen Kirchen

Lustig, aber mit Anspruch
Wenn der Küster als Lappenclown die Gesangbücher verteilt, die Presbyterin als Löwin die Kollekte einsammelt, der Pfarrer mit der dicken Trumm durch die Kirche zieht und sich die Gemeinde aus Indianern, Piraten und Prinzessinnen zusammensetzt, dann ist Fastelovend, dann ist Karneval in Köln. Alt und jung schunkeln im Kirchenschiff und singen kölsche Lieder zur Liturgie mit vertrauten und neuen Texten..So sieht es an Karnevalssonntag in vielen rheinischen Gemeinden aus. Die Kirchen sind voll und die Menschen strahlen und sind glücklich. Ohne Bier, ohne Sex, morgens um 11 Uhr. Wenn wir Protestanten Karneval feiern, gibt es was zu lachen und was zum Nachdenken, denn wir sind lustig, aber mit Anspruch.

Die Prot’s-Sitzungen: Karneval evangelisch geerdet
Denn seit einigen Jahren ist es in Köln vorbei mit der vornehmen protestantischen Zurückhaltung. In vielen Gemeinden fing das Schunkeln zart und vorsichtig in Kirchen und Gemeindezentren an. Seniorenclubs, Kindergärten, Kirchenchöre, verrückte Pastöre, überall gab es Ansätze, den Karneval evangelisch zu erden. Eine besondere Variante des Kölner Karnevals sind die seit 1977 stattfindenden Prot`s-Sitzungen. Wenn alle zwei Jahre der Gemeindesaal in der Auferstehungskirche der Gemeinde Bocklemünd mit je 500 Menschen überfüllt ist und alle zusammen „singe, müffele, schwade un lache“- und das für einen guten Zweck – dann ist sie wieder da: die alternative protestantische Karnevalssitzung. Auf der Bühne gibt es klerikales Kabarett, unter anderem mit dem Kirchenkabarett „Klüngelbeutel“, fetzige Live-Musik und viel kölsches Unterhaltsames. Moderiert werden die Abende von den Heiligen drei Königen (als Elferrat) und über dreieinhalb  Stunden lang gibt es anspruchsvolle Unterhaltung pur, dafür sorgen auch die Beffchen-Funken von 1999, Deutschlands einziges Pfarrerballett (siehe Foto, vorne Dr. Detlev Prößdorf, links hinten Hans Mörtter, rechts hinten Autor Armin Beuscher).

Alles hat seine Zeit
Natürlich: Nicht jeden Sonntag ist Karneval. Alles hat seine Zeit, sagt der Prediger. Das Lachen und Weinen, das Klagen und Danken, das Lieben und Streiten. Die Karnevalszeit ist die Zeit zum Feiern und Ausgelassensein und auch zum Protest für das Leben und die Lebendigkeit und damit gegen alle Gewalt, gegen alles, was lähmt und klein macht. Alles hat seine Zeit. Auch das Feiern hat seine Zeit und sein Ende.
Mit Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit, die Passionszeit, eine Zeit der Besinnung, des Spürens und Aufmerksamseins auf das, was mein Leben bestimmt/ bestimmen möge. Es ist gut, auch die Verschiedenheit der Zeiten zu würdigen. „7 Wochen ohne – 7 Wochen mit„. Klar, auch mit uns. Aber nicht 7 Wochen ohne Humor. Vielleicht muss an Aschermittwoch nicht alles vorbei sein. Möge die Lebendigkeit und Spritzigkeit, das „Lustig mit Anspruch“ uns auch das ganze Jahr über begleiten.

Welche evangelischen Gemeinden feiern Karneval? Eine Auswahl

Karnevalsgottesdienst in Lindenthal: Kölsche Lieder mit katholischen Verbündeten
Das Team der Kirche „Kunterbunt“ war wieder aktiv. Ein Gottesdienst mit kölschen Liedern, katholischen Verbündeten, jecken Tönen und einer bunten Gemeinde beginnt am Karnevalssonntag, 22. Februar, um 11.15 Uhr in der Lindenthaler Matthäuskirche, Herbert-Lewin-Straße 4/Ecke Dürener Straße

Jecke Tön in der Südstadt: Karnevalsgottesdienst mit Rolf Domning und Hans Mörtter
Am Samstag, 21. Februar, treffen sich alle jecken Protestanten aus der Südstadt um 17 Uhr in der Lutherkirche, Martin-Luther-Platz. Pfarrer Rolf Domning, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Mitte, und Pfarrer Hans Mörtter leiten den Gottesdienst, die Gemeinde präsentiert sich bunt wie nie – und ausdauernd: Der Gottesdienst geht über in eine Karnevalsdisco in der Kirche mit DJ Lothar: Abtanzen bis in den frühen Morgen oder zum Umfallen. Fast nahtlos im Anschluss daran geht’s gemeinsam in die Severinstraße zum
Schull- und Veedelszoch.

Karnevalsparty in der Zollstocker Melanchthonkirche
„Auch die Protestanten können Karneval feiern!“ Das will jedenfalls die Evangelische Kirchengemeinde Köln-Zollstock beweisen und lädt herzlich für Freitag, 13. Februar, 20.11 Uhr, zu einer Party in die Turnhalle der Melanchthonkirche, Breniger Straße 18, ein.

Klassischer Gottesdienst, aber opp kölsch und im Kostüm
Ludwig Kroner, Multitalent in vielen Bereichen und evangelischer Polizeiseelsorger, besteht darauf: „Das wird ein klassischer Gottesdienst“. Was die Liturgie angeht, sicher zutreffend. Die Predigt aber hält der in der Kölner Südstadt geborene, ordinierte Predigthelfer „opp kölsch“. Und die Dünnwalder Gemeinde wird es sich auch in diesem Jahr nicht nehmen lassen, in Kostüm und Pappnase zum Gottesdienst zu kommen: Am 21. Februar um 18.30 Uhr in der Tersteegenkirche Köln-Dünnwald, Amselstraße 22.

Ein Kölner in Bedburg: kölsch, wat sons?!
Einen Joddesdeens opp Kölsch hält auch Pfarrer Gebhard Müller-Philipps in der Bedburger Friedenskirche, Langemarckstraße 20, am Karnevalssonntag, 22. Februar, ab 10.11 Uhr. Müller-Phillips, gebürtiger Kölner, lädt alle Gemeindeglieder zu einem Kostümgottesdienst ein. Anschließend gibt es Kölsch, Halven Hahn und Flöns. Danach gehen alle zum Bedburger Zoch.

Wieverfasnacht im Lechenicher Gemeindezentrum
Live-Musik gibt es bei der Weiberfastnachts-Party im Gemeindezentrum Lechenich, An der Vogelrute 8. Ab 18 Uhr spielt am Donnerstag, 19. Februar, die Band „Südstadtbotze“ zum Tanz auf. Bei Kölsch und Musik ist gute Stimmung garantiert.


Text: Armin Beuscher, Pfarrer in Köln-Lindenthal, Prot`ser und Beffchen-Funke/AL
Foto(s): ran