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Aktuelle Zeitansage zur Reformation: Höchste Zeit, um die biblische Ökumene der Profile zu erkennen und umzusetzen

Im Vorfeld hatten sich sicherlich einige Menschen gefragt, wie das denn wohl zusammen passe: Reformationsfeier „in Zeiten abrahamischer Gespräche“ – ? Professor Dr. Klappert brachte diese scheinbar weit entfernten Themen in seiner Kölner Predigt mühelos zusammen. Das lag nicht zuletzt an der klaren Konzeption seiner Reformationspredigt: Sie bestand aus drei Teilen und begann  naheliegenderweise mit der Rechtfertigungsfrage, an die sich – ganz wie in den Überlegungen der Reformatoren von Luther bis Calvin beispielsweise – die Abendmahlsfrage anschloss. Das Besondere von Klapperts Predigt aber war der dritte Teil, in dem es um die „Abrahamfrage“ ging. Im Folgenden der Versuch, die Predigt zur zentralen Reformationsfeier 2005 in Köln zusammenzufassen, den gesamten Text können Sie hier nachlesen. „In die Tradition Martin Luthers wollen wir unseren Beitrag leisten zur Anregung und Förderung der abrahamischen Gespräche“, betonte auch Stadtsuperintendent Ernst Fey in seinem Grußwort, das Sie hier nachlesen können.

 

Paulus und die Reformatoren
Grundlage aller Gedanken von Klappert war der Römerbrief des Apostels Paulus: „Es war der Römerbrief, der den Reformatoren zum Schicksal oder besser zur Schickung und zur Entdeckung geworden ist“, sagte er, und spitzte – mit Blick auf Luthers geistigen Weggefährten Philipp Melanchthon – noch zu: „Melanchthon schrieb 1521 die erste Evangelische Dogmatik, die nichts anderes war als ein pädagogisch gegliederter Kommentar zum Römerbrief.“

Die Rechtfertigungsfrage und das Abendmahl
Wichtigster Gedanke für Klappert war bei der Auseinandersetzung um die Rechtfertigungsfrage der ersten Reformatoren untereinander, was Melanchthon seinem Freund, dem württembergischen Reformator Johannes Brenz, darlegte: Nach Luther sind wir vor Gott nicht um unserer Werke willen gerechtfertigt und auch das gängige „um unseres Glaubens willen“ greife zu kurz. Nein, mit Melanchthon betonte Klappert, „dass wir um Christi willen gerecht und vor Gott angenommen sind.“
Daraus ergab sich für die Reformatoren wie für Klappert fast automatisch die Abendmahlsfrage: „Hier im Abendmahl bekommen wir nichts anderes als Christus und in ihm die zugesprochene Rechtfertigung“. Und damit sei, sagte Klappert, auch die ganz praktische Frage der ersten Reformatoren beantwortet „Wo vergewissert sich der angefochtene Glaubende der Verheißung, die ihm im Evangelium die Rechtfertigung und die Nähe Gottes und das Vertrauen Gottes zuspricht?“


Die verschiedenen Abendmahlstraditionen
Und dann tat Klappert etwas Spannendes: Er berief sich auf Papst Benedict XVI., der – beim Kölner Weltjugendtag, bei seiner Ansprache auf dem Marienfeld – darauf hinwies, „dass das griechische Wort Eucharistie auf die hebräische Beracha, das Segnen, zurückgeht und wiederum auf das jüdische Passamahl verweist.“ Völlig richtig sei dieser Hinweis, betonte Klappert. Wenn er die Konsequenz daraus dann zwar zunächst als Frage formulierte. „Bedeutet nicht der notwendige Rückgang auf das letzte Mahl Jesu als Passamahl auch eine wechselseitige Öffnung der verschiedenen Abendmahlstraditionen, wie sie evangelisch, römisch-katholisch und orthodox vorgegeben sind?“, war seine Antwort schon an dieser Stelle seiner Predigt in einem klaren „ja“ zu ahnen.


Luther und die Bedeutung des Abendmahls

Während sich Klappert mit der Bedeutung des Abend- und Passamahls auseinandersetzte, schonte er auch Martin Luther nicht – gerade am Reformationstag ein notwendiger Einwurf:  Luther hatte behauptet, der Exodus des jüdischen Volkes gehe „uns nichts an“. Da aber das Passahmahl sich wesentlich auf das Gedenken an den Exodus bezieht, sei – so Klappert – damit auch klar „Wenn uns Christen und Christinnen aus der Völkerwelt der Exodus Israels aus der Sklaverei nichts mehr angeht, geht uns auch das letzte Passamahl Jesu, in dem Jesus des Exodus‘ grundlegend gedacht hat, nichts mehr an.“ Diesen Vorgang nennt er das „Passaverschweigen“ – Gedankengut, das sich bis in das christliche Denken der Neuzeit erhalten habe. Denn von da an ging es beim evangelischen Abendmahl wie in der katholischen Eucharistiefeier nur noch um die „sakramentale Realpräsenz von Leib und Blut Christi in den Elementen von Brot und Wein und nicht mehr primär um unsere gemeinschaftliche Teilhabe an dem realpräsenten Christus und seinem ganzen Lebens- und Leidens- und Auferweckungsweg.“ Damit schließen sich Christinnen und Christen nicht nur mehrfach von Gottes Segen aus, schlimmer noch: Daraus entsteht Trennendes, das alle ökumenische Bemühung nicht zu kitten vermag. Klappert formulierte das so: „Dass wir auf unserem Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin noch nicht gemeinsam die Eucharistie und das Abendmahl feiern konnten, und dass auf dem Marienfeld hier bei Köln eine solche Ausschließung von der Eucharistie formuliert werden konnte, bedeutet weiterhin, dass wir uns alle von dem in Eucharistie und Abendmahl verheißenen Segen Gottes des Schöpfers, von dem Segen des rettenden Gottes Israels und von dem in der Passion Jesu Christi errungenen Segen des Messias Jesus für die vielen ausschließen. Und ich frage, wie lange wollen wir das noch weiterhin tun!?“

Das Rechtfertigungsverständnis, die Abrahamfrage und deren weltweite Konsequenzen
In dem dritten Teil seiner Reformationspredigt kam Klappert wieder auf die „Rechtfertigungsfrage“ zurück  – und verknüpfte sie zwingend logisch mit der „Abrahamfrage“: „Paulus konnte unter den Völkern den Messias Jesus nur deshalb predigen, weil er Christus als die Bestätigung der dem Abraham zugesprochenen Verheißung an die Völker verstand.“ Dies ist vor allem für Protestantinnen und Prostestanten wirklich logisch, denn „Abraham ist, so lautet traditionell das Urteil der protestantischen Exegese, die Urgestalt des von Gott gerechtfertigten Menschen.“ Aber: Laut Paulus ist Abraham „nicht nur der Vater Israels, sondern auch der Vater der Menschen aus der Völkerwelt“ Im Klartext: Durch Abrahams Segen werden die „Menschen aus den Völkern, die Söhne und Töchter Abrahams werden sollen, eben damit auch Geschwister der leiblichen Nachkommen Abrahams, der Juden und der Muslime.“ Und daraus folgt Klapperts Haupt-Postulat: „Die Öffnung der Abrahamsöhne und Sarahtöchter aus Juden und Christen hin zu den Abrahamsöhnen und Hagar-Töchtern der Muslime ist aus mehreren Gründen heute geboten“ – sowohl theologisch wie politisch notwendig, denn allein „das Faktum der über 3 Mio. Muslime in Deutschland“ machen „diesen Dialog und diese Öffnung theologisch und gesellschaftspolitisch“ notwendig. Und nicht zuletzt: „Diese Öffnung ist schließlich für Israel und Palästina wichtig, weil hier das Hagar- und Ismaelvolk neben und an der Seite Israels lebt.“ Die Lösung dieser Fragen ist für Klappert klar und eindeutig: Sie kann nur gelingen, wenn wir uns alle „von der bedingungslosen Rechtfertigung, von der Abrahamverheißung und von dem Abendmahl des Messias Jesus her der Logik der Öffnung und Aufgeschlossenheit füreinander verpflichtet wissen…. Nur indem die ökumenischen Kirchen dieser Logik der Öffnung Abrahams folgen, zeigen sie auch ökumenisches Profil und folgen einer biblischen Ökumene der Profile.“

Text: Al-Mana
Foto(s): EKiR