Plötzlich ging alles ganz schnell. Pfarrer Thorsten Schmitt verlässt nach 27 Jahren die Gemeinde in Niederaußem und wagt den „Aufbruch“ in das Eifelörtchen Roggendorf. Den Abschiedsschmerz konnte und wollte er nicht leugnen, aber mit einer Prise Pragmatismus stellte er fest: „Was angefangen hat, muss auch ein Ende haben.“ Am 1. Advent 1997 wurde Thorsten Schmitt in sein Amt eingeführt. Mit einem Gottesdienst in der Erlöserkirche, den der Gospelchor der Gemeinde mit drei Auftritten bereicherte, wurden er und seine Frau Susanne Schmitt-Warzelhan nun verabschiedet.
Zu Beginn seiner Predigt über Kolosser 3, 11 betonte Thorsten Schmitt, dass die Geschichte der Gemeinde weitergehe und stellte die Frage: „Was bleibt?“ „Gelingen ist eine komplexe Angelegenheit“, erklärte er und klang für einen Moment beinahe resignativ: „Es ist gut, mir klarzumachen, wie wenig ich als Pfarrer bewirken kann. Vieles, was unsere Kirche heute erlebt, ist überindividuell.“
Ein imaginärer Spaziergang Jesu durch die Gemeinde
Dann nahm Thorsten Schmitt die Gäste mit auf einen imaginären Spaziergang Jesu durch die Gemeinde. In der Jugendkirche haben die Jugendlichen gerade gemeinsam gekocht und da Jesus hungrig ist, freut er sich über einen Teller Nudeln. Als die Jugendlichen ihm ihr Leid klagen, dass sie oft nicht wirklich ernst genommen und ihre Ideen für zu verrückt gehalten werden, erzählt Jesus von seinen Erlebnissen als Zwölfjähriger. „Gott sei Dank ist es in der Geschichte der Christenheit manchmal etwas chaotisch!“
Vor dem REWE in Brauweiler trifft Jesus auf zwei Konfi-Mütter, die sich über ihre Erfahrungen beim Gottesdienstbesuch unterhalten. „Da wurde mir sofort dokumentiert, dass ich nicht dazugehöre“, erzählt eine von ihnen. Jesus berichtet, dass auch zu biblischen Zeiten unkonventionelles Verhalten bei den religiösen Würdenträgern auf wenig Verständnis stieß. Stichwort: Sabbatgebot. Einem Mann, der sich von der Geschichte vom sinkenden Petrus herausgefordert fühlt, erklärt Jesus, dass der im Meer versinkende Jünger für ihn immer ein Bild für Entscheidungssituation gewesen sei. Aussteigen oder im Vertrauten bleiben? Schritte ins Unsichere wagen oder bleiben, wo man ist?
An der Erlöserkirche lüftet er das „Geheimnis“ hinter den fünf Broten und zwei Fischen, von denen 5000 Menschen satt werden: „Wenn wir erst einmal anfangen zu teilen, haben alle genug!“
Dann gerät Jesus in den ökumenischen Gesprächskreis, wo kontrovers über die Frage des gemeinsamen Abendmahls diskutiert wird. Jesus hat da eine Frage: „Wer ist eigentlich der Gastgeber?“ Als man sich schließlich einig ist, dass Jesus der Gastgeber ist, sagt dieser: „Wenn man das ernst nimmt, spricht eigentlich alles dafür, eucharistische Gastfreundschaft zu üben.“ – oder um mit der Tageslosung bzw. dem Predigttext zu sprechen: „Für unseren Herrn Jesus Christus ist das alles unwichtig. Er ist alles in einem.“
Als schließlich Superintendent Markus Zimmermann die Entpflichtung vornahm, würdigte er Thorsten Schmitt als „profilierten Theologen“, der immer neue Gottesdienstformen ausprobiert habe. Durch die interaktiven Textzugänge des Bibliologs und des Bibliodramas sei es ihm gelungen, „die Kraft der biblischen Bilder zum Ausdruck bringen.“
Markus Zimmermann erinnerte auch an die Gottesdienste für Mensch und Tier und an einige „Umbrüche“, die in Schmitts Amtszeit gefallen seien, nicht zuletzt die Fusion. Umbau und Erweiterung der Erlöserkirche hätten deutlich gemacht, „dass Kirche hell und freundlich sein kann.“ Auch die Kinder- und Jugendarbeit habe durch die Einrichtung der Jugendkirche neue Impulse bekommen. Zimmermann lobte Schmitts Offenheit und versicherte: „Du bist hier nicht vergessen!“ Anknüpfend an dessen selbstkritische Bemerkung zu Beginn seiner Predigt, versicherte Markus Zimmermann, dass Schmitts Arbeit Früchte getragen habe und in Zukunft tragen werde, auch wenn vieles im Verborgenen läge. Anschließend wurden Thorsten Schmitt Segensworte aus dem Presbyterium und der Ökumene zugesprochen.
Gelegenheit zu persönlichen Abschiedsworten war dann bei einem Sektempfang mit Fingerfood im Foyer.
Foto(s): Priska Mielke