Eingeweiht Pfingsten 1973, wurde die Nathan-Söderblom-Kirche in Hürth-Kendenich nun entwidmet. Mitte Juni fand in dem von einem steilen Satteldach überfangenen Ziegelbau letztmalig ein evangelischer Gottesdienst statt. Vor dem Abendmahl zogen Pfarrerinnen, Pfarrer und Diakon sowie die Teilnehmenden mit Altarbibel, Osterkerze, Tauf- und Abendmahlgerät aus der Saalkirche aus. Im Bus ging es zur Kirche Martin-Luther-King in Hürth-Mitte. Dort wurde das Abendmahl gefeiert, der Gottesdienst beschlossen. Tags zuvor hatte die Gemeinde im Kirchenraum ein Begegnungs-Café eingerichtet. Dabei wurde mittels Fotografien und in Interviews aus verschiedenen Perspektiven an 35 Jahre evangelisches Gemeindeleben in Kendenich erinnert. Wehmut schwang mit angesichts des bevorstehenden Abschieds.
Umstrukturierung
Die Schließung der Kirche im Ortskern von Kendenich geht auf den Sparzwang in der rund 7400 Mitglieder zählenden Evangelischen Matthäus-Kirchengemeinde Hürth zurück. Ein Fünftel des Haushaltes sind einzusparen: So lautete die Vorgabe, mit der vor knapp zwei Jahren die Beratungen über mögliche Lösungen begonnen hatten. „Alles wurde genau unter die Lupe genommen“, so die Pfarrerin zur Anstellung, Katja Korf. Im März 2007 wurden die gefassten Beschlüsse veröffentlicht. Zentrale Ergebnisse sind die Aufhebung der Pfarrstelle für den 2100 Mitglieder zählenden Bezirk Kendenich, Fischenich, Alt-Hürth, Knapsack, Kalscheuren – und die Aufgabe des Gemeindezentrums Nathan-Söderblom-Kirche. Daraus folgt eine Reduzierung der bisher drei Pfarrbezirke auf zwei: Alt-Hürth und Knapsack werden dem Pfarramt Hürth-Mitte, Hermülheim und Alstädten zugeschlagen. Die Orte Kendenich, Fischenich und Kalscheuren werden in den Bezirk Stotzheim, Efferen, Teile von Hermülheim, Horbell integriert. Für zahlreiche der im bisherigen Gemeindebezirk II ansässigen evangelischen Christen bedeute es wohl keine große Umstellung, zukünftig Gottesdienste in der Kirche Martin-Luther-King (Hürth-Mitte) oder Friedenskirche (Efferen) zu besuchen, erwartet Korf. Schon vorher seien die Übergänge fließend gewesen, hätten sich Evangelische aus Alt-Hürth sehr stark nach Hürth-Mitte orientiert.
„Sehr traurig“
Auf dem Wege der Entscheidungsfindung fanden selbstverständlich Gemeindeversammlungen statt. Dabei sei sehr erregt debattiert worden, erinnert sich Korf. Und es habe durchaus die Tendenz gegeben, „alles behalten“ zu wollen. „Aber wenn wir verantwortlich mit unseren Ressourcen umgehen wollen, ist das nicht machbar“, begründet Korf nun die Maßnahmen. „Natürlich sind die Menschen, die eng mit dieser Kirche verbunden sind, sehr traurig. Gerade die Älteren, die das alles hier mit aufgebaut haben und viele Erinnerungen mit der Kirche verbinden.“
Was bleibt
Weiterhin stattfinden sollen im früheren Bezirk Kendenich Schulgottesdienste in Alt-Hürth und Fischenich. Die Gruppe der Kendenicher Frauenhilfe hat das von der katholischen Nachbargemeinde angebotene Gastrecht abgelehnt. Sie wird sich zukünftig in Hürth-Mitte treffen. Der Konfirmandenunterricht verteilt sich auf die jetzt zwei Gemeindezentren.
Der Taufstein wandert mit
Welche Zukunft die ehemalige Nathan-Söderblom-Kirche erwartet, ist derzeit noch unklar. „Wir streben an, das Gebäude zu verkaufen“, so Pfarrer Thomas Hennig. Indes ist entschieden, wo der Taufstein mit dem Relief „Erzengel Michael besiegt den Drachen“ stehen wird. 1973 kam er aus der 1951 eingeweihten Dankeskirche in Knapsack, die mit dem alten Ort dem Braunkohletagebau zum Opfer fiel, nach Kendenich. „Nun wird der Taufstein wieder ´wandern´, in die Kirche Martin-Luther-King in Hürth-Mitte“, kündigt Korf an.
Foto(s): Broich