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Abschied vom »Kölner Sozialpfarrer«: Uwe Becker geht nach Düsseldorf

Dass es zu den Grundthemen seiner Arbeit gehöre, „soziale Verantwortung zu übernehmen“, hat Pfarrer Uwe Becker bereits wenige Monate nach seinem Amtsantritt als Leiter des Sozialwerks im Evangelischen Stadtkirchenverband Köln betont. Am 1. Oktober 2000 stand fest, dass er die neue Stelle in Nachfolge des – weder mit ihm verwandten noch verschwägerten – Axel Becker antreten wird, Ende Februar 2001 schrieb er bei seiner Einführung – neben vielen anderen Menschen – seine Wünsche für die Zukunft der Stadt auf die Kölner Rathausmauer: Unter dem Motto „Zukunft für Köln – wir bauen mit“ übergab das Sozialwerk Bürgermeisterin Renate Canisius einen zweimal vier Meter großen Nachbau des Kölner Rathauses, gefertigt von Jugendlichen des Projekts „Arbeiten und Lernen“.

Viel ist seitdem geschehen, erinnert sei nur an die Veranstaltungsreihe „Prüfet alles und behaltet das Beste!“, bei der Kölner BürgerInnen das Haushaltssicherungskonzept öffentlich auf den Prüfstand stellten, an Diskussionen um Arbeit, Arbeitsplätze und Arbeitsplatzsicherung, den „Kopftuchstreit“ oder die Expertentagung zum Nachtfluglärm am Köln/Bonner Flughafen.

Viel wird bleiben, in den Erinnerungen von KollegInnen, an Eindrücken bei KooperationspartnerInnen, an menschlichen Spuren und sichtbaren Arbeitsergebnissen. Bevor Uwe Becker nach Köln kam, arbeitete er in Wuppertal. Und nun geht er nach Düsseldorf, als Theologischer Direktor des Diakonischen Werks im Rheinland (DW). Dort wissen die MitarbeiterInnen schon lange vor seinem Amtsantritt am 27. September, mit wem sie es zu tun bekommen werden: „Kölner Sozialpfarrer… gewählt“, so titelte die DW-Mitarbeiterzeitung schon vor Wochen.

„Schade, dass Sie gehen. Danke, dass Sie da waren“
Vieles werden wir vermissen, das wurde bei der Abschiedsfeier am 8. September im Kölner Haus der Evangelischen Kirche mehr als deutlich. Sieben Sätze waren erlaubt bei den Grußworten zum Abschied – und erstaunlich, wieviel Gehalt manche Gäste in sieben Sätze legen konnten:
Etwa Hannelore Bartscherer, die Vorsitzende des Katholikenausschusses, deren herzlicher Gruß sich auf  „Schade, dass Sie gehen. Danke, dass Sie da waren“, reduzieren lässt.





Prof. Peter Canisius, Vorsitzender des Fördervereins des Runden Tischs für Integration, nahm die Aufforderung zum Anlass, ein Gedicht in sieben Sätzen zu verfassen, hier ein Auszug: 
„Toller Job, da geh ich hin.
Doch für Köln ist das nicht schön,
wie soll’s hier nun weiter gehn?
Doch nun sage ich lakonisch:
Becker wird jetzt diakonisch.“

Dr. Thomas Münch, Leiter des Kölner Arbeitslosenzentrums (KALZ) und Vorsitzender des sozialethischen Ausschusses, brachte das Kunststück fertig, mit Zitaten von 7 verschiedenen Autoren  – von Max Weber bis Uwe Becker – die Geschichte von Arbeit, ihren Stellenwert und unser Verhältnis zu ihr zu beschreiben.


„Und dann kam alles anders. Schade.“
Bei anderen Gästen waren die persönlichen Töne deutlich zu hören, etwa bei Amtsvorgänger Axel Becker: „Danke, dass du meine Arbeit auf deine Weise fortgesetzt hast“. Oder bei  Superintendent Rolf Domning, der Beckers Fähigkeiten, „alle Sachverhalte präzise und genau zu schildern, Diskussionen auf den Punkt zu bringen“ vermissen wird. Oder bei Ernst Fey, der sich dafür bedankte, wie „hilfreich“ auch für ihn der „immer gut vorbereitete“ Becker gewesen sei. Und natürlich bei Marten Marquardt, der in langen Monaten gemeinsam mit Uwe Becker nicht nur viel von einer künftigen Kooperation zwischen Sozialwerk und Melanchthon-Akademie „gesponnen“, sondern schon zahlreiche gemeinsame Ziele definiert hat, für eine arbeitsplatzsichernde Zukunft beider Ämter und Amtsleiter – „und dann kam alles anders. Schade.“


Dat schmächtige, kleine Kerlchen auf seinem roten Fahrrad
Das Team des Sozialwerks versuchte, den Scheidenden mit allem Lebensnotwendigen auf dem Weg nach Düsseldorf auszustatten, doch vielleicht haben die Mitarbeitenden ja schon gefunden, was sie nach dem Weggang ihres Leiters brauchen: Eine beobachtungsstarke und schlagfertige Nachbarin, die keine Informationsdefizite entstehen lässt und wohl kaum jemals aufgeben wird.

Diese Dame, die da unerwartet auf die Bühne kam, das Kapott-Hütchen auf dem Kopf, den Schirm in der Hand, der Laufmaschen in den Strümpfen nicht achtend, wurde  – klug, wie Sozialwerks-MitarbeiterInnen sind – vom Fleck weg engagiert. Sie war es, die all die Jahre „dat schmächtige kleine Kerlchen auf seinem roten Fahrrad“ in allen Lebenslagen beobachtet hat – und sie wohnt wahrscheinlich noch immer auf der Straße gegenüber. Sie hat ihn nie aus den Augen gelassen. Und wird es wohl auch künftig nicht. Schließlich ist sie – im richtigen Leben – eine Kollegin, noch dazu am gleichen Tag in ihre Funktionspfarrstelle im Sozialwerk eingeführt wie Uwe Becker: Dorothee Schaper, die für ihre kabarettistische Einlage den verdienten Applaus bekam.



Exaktheit und Leidenschaft
Und dann kam er. Der einzige Redner, der sich nicht an die Vorgabe der sieben Sätze hielt: Uwe Becker. Der sich bedankte. Persönlich und präzise, mit dieser Mischung aus Exaktheit und Leidenschaft, die ihn auszeichnet. Er bedankte sich bei Marten Marquardt für alle Gespräche, „geistigen Sternstunden“ für ihn. Bei Günter Menne für die stets zugänglichen, „hilfreichen, praktischen und zielgerichteten“ Ratschläge und Gespräche. Bei Hannelore Bartscherer für die „ökumenischen Störfeuer“, die mit ihr möglich waren. Bei der ehemaligen Vorsitzenden des sozialethischen Ausschusses, Dr. Marie-Luise Lößener für ihre „liebevolle Hartnäckigkeit“, mit der sie ihn an Themen und Arbeit des sozialethischen Ausschusses herangeführt habe, bei Heribert Meister für seine Ausdauer, mit der er 50 Jahre im Vorstand des Sozialwerks gearbeitet hat. Bei Annelie Polte, dass sie aus ihm einen „leidenschaftlichen Anhänger der Grüntee-Kultur“ gemacht habe und für ihre – zutreffende [Anm. der Verfasserin] – Bemerkung, dass beide, Polte und Becker , in den vier Jahren ihrer Zusammenarbeit „kein bisschen gealtert“ seien. Und schließlich bei „dem Mann, an dem alle ziehen und zerren. Und der doch immer gerade steht, und das noch fröhlich obendrein: Ernst Fey.“



Arbeit und Freundschaft
Wenn  – bei unzählig vielen Capuccinos – aus einem Arbeitsverhältnis Freundschaft entsteht, verdient das besondere Erwähnung – so geschehen bei Walter Fuchs-Stratmann.


Und noch ein paar Fotos
Die ersten Gäste waren die Pfarrer Mathias Bonhoeffer und Norbert Schlüpen aus Bonn


Oberkirchenrat Jörn-Erik Gutheil kam ebenso zu Uwe Beckers Abschied aus Köln:


Wie auch der Pressesprecher des Diakonischen Werks im Rheinland, Kurt A. Holz:


Professor Dr. Hans-Jürgen Krupp hielt in der Kartäuserkirche das – leider nicht auf allen Plätzen verständliche – Referat über „Soziale Dienste als Chance“:


Uwe Becker hat drei Söhne, zwei davon – Martin (links) und Christian – waren, wie auch Frau Becker, bei der Verabschiedung dabei:


Die Musik des Abends kam vom Andreas-Scheeweiß-Trio:


Nicht verwandt und nicht verschwägert, aber beide Pfarrer und nun auch ehemalige Leiter des Sozialwerks: Axel (links) und Uwe Becker:


Mit Peter Welters, dem Leiter des Kölner Arbeitsamts, hat Uwe Becker in seiner Kölner Zeit zusammengearbeitet:


Michael Wiedemeyer ist ein Kollege aus vergangener Arbeitszeit, vom Klaus-Novy-Institut, vorne in der Mitte ist Sozialdezernentin Marlis Bredehorst zu sehen, aus deren Grußwort die gute Zusammenarbeit mit Uwe Becker deutlich wurde.


Insgesamt waren rund 120 Menschen der Einladung von Uwe Becker gefolgt, hier mit am Tisch (vorne links): Edith Dittrich und rechts neben Uwe Becker Pfarrer Erhard Himmeröder, der stellvertretende Vorsitzende des Sozialwerks:


Und noch eine ehemalige Mitarbeiterin des Sozialwerks war zu Gast: Renate Ziegler, die das nun verwaiste Interkulturelle Referat geleitet hat:








Text: Al-Mana
Foto(s): AL