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50 Jahre TelefonSeelsorge in Deutschland: Ein Reisebericht zum Jubiläum nach Berlin

In Berlin hat es vor 50 Jahren angefangen! Also auf nach Berlin! Aus allen Himmelsrichtungen Deutschlands mit Bussen, Bahn, Flugzeugen haben wir uns auf den Weg gemacht, um am 16. September 2006 in Berlin zu feiern:
Nahezu 1.600, vorwiegend ehrenamtliche,TelefonSeelsorger/innen waren es, die sich aus den 105 TelefonSeelsorgen in unserem Lande in der Hauptstadt einfanden. Unsere Evangelische TelefonSeelsorge Köln nahm mit 18 Teilnehmerinnen und Teilnehmern teil.

Hätten Sie das jemals für möglich gehalten, Pfarrer Klaus Thomas? (Fragen an den bereits verstorbenen Günder der ersten deutschen TS in Berlin). Wir können Sie nicht mehr persönlich fragen, aber Ihnen hier noch mal posthum danken.

Am 5. Oktober 1956 wurde eine telefonische „Lebensmüdenbetreuung“ nach Londoner Vorbild gegründet – mit zunächst zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dem Medium Telefonwurde damals noch viel Skepsis entgegengebracht. In den darauf folgenden Jahren wurde eine TelefonSeelsorge nach der anderen gegründet, Träger waren die Kirchen. Dazu gehörte auch unsere Evangelische TelefonSeelsorge Köln. Nur mit großen Engagement von Laien und Ehrenamtlichen war und ist diese „rund-um-die-Uhr-Präsenz möglich.

Hätten Sie das jemals für möglich gehalten, Pfarrer Thomas? Und auch, dass heute nahezu jeder Mensch einoder sogar mehrere Telefone besitzt?

Und die Folge? – Mehr als zwei Millionen Anrufe pro Jahr verzeichnen die TelefonSeelsorgen in Deutschland!

Stationen unserer Jubiläumsfeier in Berlin
Mit ca. 1.600 TelefonSeelsorgerInnen feierten wir im imposanten Berliner Dom einen ökumenischen Gottesdienst: Es hat uns sehr bewegt, miteinander zu beten, zu singen, unsere vielen Erfahrungen, die wir in der TelefonSeelsorge mit den Menschen machen, die uns anrufen oder uns mailen, vor Gott zu bringen und uns auch in unseren christlichen Wurzeln getragen zu wissen. Dankbar haben wir an Tausende von ehrenamtlichen und hauptamtlichen TelefonSeelsorgerInnen erinnert, die vor uns diese Arbeit gemacht haben. Ein starkes Band der Verbundenheit war in Berlin zu spüren. Wir sind und haben Teil an einer wichtigen Arbeit für diese Gesellschaft.

Bundespräsident Horst Köhler als Schirmherr für das Jubiläum dankte uns persönlich – zusammen mit Bischof Wolfgang Huber und Georg Kardinal Sterzinsky sowie dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom, Kai-Uwe Ricke.

Schon Wochen zuvor wurden penible Sicherheitsvorkehrungen getroffen, damit wir uns im gleichen Raum mit dem Bundespräsidentenaufhalten durften! Einlasskarten, Ausweise, Kontrolle der Personaldaten etc.. Befremdlich, aber wir merkten, es ist wohl doch etwas Besonderes, was uns da in Berlin erwartet hat.

Erlebt haben wir einen engagierten, sehr persönlich sprechenden und zuhörenden Bundespräsidenten. Wir hatten alle das Gefühl: „Der wickelt das nicht wie irgendeinen seiner vielen Termine ab. Man spürt viel ehrlich gemeinte Wertschätzung für die Arbeit der TS und ihre MitarbeiterInnen und toll, wie viel Zeit der für uns hat!“

Einige Sätze aus der Rede des Bundespräsidenten:
„TelefonSeelsorge ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Mir sind viele Themen, mit denen Sie am Telefon konfrontiert sind, gut bekannt. Viele Bürger schreiben mir von ihren Sorgen. Etliche rufen auch einfach an. Und manchmal frage ich mich, wie der eine oder andere sein Schicksal nur ertragen kann. […..] Vor kurzem schrieb mir eine Mitarbeiterin der TelefonSeelsorge. Sie berichtete von einer Frau, die ihr erzählt hatte, wie sich ihr Leben verschlechtert hat, seit sie arbeitslos ist. Die Anruferin suchte keinen konkreten Rat, sie bat nur darum, das, was sie beschrieben hatte, weiterzugeben. So landete die Geschichte auf meinem Schreibtisch. Ein Einzelschicksal, das für eine Vielzahl anderer steht. Aber seien Sie versichert, jedes einzelne ist für mich Ansporn, mich weiter einzusetzen.“

Wertschätzung auch an die Leserinnen und Leser
Im Anschluss an seine Dankesrede nahm sich der Bundespräsident noch erstaunlich viel Zeit um im kleineren Kreise mit ehrenamtlichen MitarbeiterInnen zu sprechen. Diejenigen von uns, die nach Berlin gereist sind, haben große Wertschätzung und Ermutigung für unsere TelefonSeelsorge-Arbeit erlebt. Diese versprechen wir hier in Köln weiter zu tragen, sowohl in unsere große Mitarbeiterschaft von 80 Ehrenamtlichen, aber auch an Sie, liebe LeserInnen dieses kurzen Reiseberichtes:

Denn eigentlich hätten viele von Ihnen auch so eine Reise und Feier in Berlin verdient! Dies möchte ich mit den Worten des Bundespräsidenten ausdrücken:

„Die Kirchen haben mit ihren sozialen Diensten eine unglaubliche Erfolgsgeschichte geschrieben. […..] Heute nehmen kirchliche Einrichtungen hierzulande und weltweit eine Vielfalt karitativer Aufgaben wahr – mit einer Kontinuität und Professionalität, die einzigartig ist. […..] Es ist geradezu eine Kultur der Nächstenliebe entstanden. Sie ist in unserer Gemeinschaft fest verankert. Letztlich ist auch das ein Erfolg der kirchlichen Caritas und Diakonie.“

Auch diese Worte gehören mit zu unserem Reisegepäck, das wir aus Berlin mitgebracht haben. Wir möchten sie hiermit an Sie weitergeben, die Sie auf ähnliche oder andere Weise karitativen Dienst in unserer Gesellschaft leisten und auch mal Lob von allerhöchster Stelle durchaus verdient haben.

Text: Pfarrerin Gabriele Koye, Leiterin der Ev. TelefonSeelsorge Köln
Foto(s): Jürgen Schulzki