„Können Sie mit mir gemeinsam schweigen?“, fragt eine Anruferin. Denn über ihre Sorgen und Nöte zu sprechen, dazu sei sie nicht mehr fähig. Keine ungewöhnliche Frage für die Mitarbeitenden der Evangelischen TelefonSeelsorge Köln, die am vergangenen Freitag mit einem Festgottesdienst in der Kartäuserkirche ein rundes Jubiläum feierten.
Am 1. Oktober 1968 wird die Evangelische TelefonSeelsorge Köln offiziell gegründet und startet mit 17 ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die ihren Dienst aufnehmen. Heute sind es mehr als vier Mal so viele, die das 50-jährige Bestehen miteinander feiern. Gottesdienst und anschließender Festakt würdigten das Engagement der ehrenamtlichen Frauen und Männer: „Sie können sicher sein, dass Sie für Ihre kontinuierliche Arbeit größte Anerkennung genießen, und ich versichere Ihnen meine persönliche Wertschätzung für Ihre Kultur der Nächstenliebe“, so Elfi Scho-Antwerpes in ihrem Grußwort zu Beginn des Gottesdienstes.
Gespräche mit Menschen, die sonst allein wären
Normalerweise wird es als unhöflich betrachtet, wenn das Gegenüber am Telefon schweigt oder gar auflegt. Normalerweise – doch bei der Telefonseelsorge ist alles anders. Denn, wenn Worte vor dem Leid versagen, ist Seelsorge Begleitung in der Stille. 50 Jahre Telefonseelsorge bedeuten deshalb auch: schweigen, weinen, die eigene Geschichte erzählen dürfen – sein, wie man ist – mit all dem Kummer, den Sorgen und Ängsten, die einen quälen.
Die Erfolgstory der Telefonseelsorge ist enorm. Sowohl Kölns Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpers als auch die Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtrheinisch, Andrea Vogel, und Kirchenrat Jürgen Sohn gehen in ihren Begrüßungsworten immer wieder auf die die vielen, großartigen Entwicklungsphasen der Telefonseelsorge ein und würdigen im hohen Maße die seelsorgerische Arbeit der Ehrenamtlichen. Die evangelische Einrichtung in Köln ist eine der erfolgreichsten Hilfsmodelle in der Region. Einen Glückwunsch dazu gibt es auch von Rolf Domning, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region.
Rund um die Uhr erreichbar – 15.000 Anrufe pro Jahr
Bereits 1970 werden erste Versuche gestartet, den 24-Stunden-Dienst einzuführen – mit nur 20 Mitarbeitenden ein schwieriges Unterfangen. Jetzt, 50 Jahre nach der Gründung, würdigt die amtierende Leiterin der Telefonseelsorge, Pfarrerin Dr. Dorit Felsch, während des Festaktes deren Mission und dankt den rund 70 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihrer Einladung gefolgt sind.
In dem Dank-Gottesdienst in der Kartäuserkirche lobt die Pfarrerin ihren Einsatz und ihren Dienst am Nächsten: „Denn es sind genau diese Menschen, die diese Stelle geprägt, geleitet, sich für sie eingesetzt haben. Menschen, die ihre freie Zeit am Telefon verbracht haben, Stunde um Stunde, Tage und Nächte, im Gespräch mit Menschen, die sonst allein gewesen wären“, so die Leiterin. Gleichzeitig nimmt sie in dem festlichen Rahmen zehn neue Ehrenamtliche als neue Mitarbeitende auf.
71 Ehrenamtliche arbeiten aktuell bei der Evangelischen TelefonSeelsorge Köln und kümmern sich um ca. 15.000 Anrufe pro Jahr. Das sind über 1.200 Anrufe im Monat und somit mehr als 40 Gespräche am Tag. Die Mitarbeitenden garantieren eine rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit. Sie alle erhalten vor Dienstbeginn eine einjährige Ausbildung und werden außerdem mit regelmäßiger Supervision und diversen Fortbildungen begleitet.
Wer nicht reden will, der schreibt
1998 nimmt die Evangelische TelefonSeelsorge Köln zusätzlich noch die Arbeit in der Mail-Seelsorge auf – zu dieser Zeit ist Onlineberatung kaum bekannt und wenig verbreitet. 2.055 Mails mit 234 Ratsuchenden werden bereits im Jahr 2017 ausgetauscht. Im Gegensatz zum Dienst am Telefon bietet die E-Mail-Seelsorge die Möglichkeit einer längerfristigen Begleitung durch eine feste Ansprechperson.
Die Themen in der Seelsorge drehen sich in den meisten Fällen um depressive Stimmung, körperliches Befinden, familiäre Beziehungen und Partnerschaft, Ängste, Einsamkeit, Isolation, Stress, emotionale Erschöpfung, Alltagsbeziehungen mit Freunden, Nachbarn oder Kollegen. Bei rund einem Prozent der Anrufe werden Selbstmordgedanken geäußert.
„Es gibt Dinge, die sind so schlimm, dass sie einem kaum über die Lippen kommen. Wenn Reden also keine Möglichkeit ist, kann Schreiben helfen“, so eine Seelsorgerin. Die Ehrenamtlichen sind wichtige Menschen im Leben der Hilfesuchenden und oft die einzige Person, der sie vertrauen. Sie schenken wertvolle Zeit und können oftmals sogar das Schlimmste verhindern.
Die Erfolgsgeschichte im Stillen geht weiter
Ein neuer Ausbildungskurs für 13 Teilnehmerinnen und Teilnehmer startet bereits Ende September 2018, ein weiterer 2019.
Interessierte wenden sich an:
Evangelische TelefonSeelsorge Köln
Postfach 25 01 04, 50517 Köln
Geschäftsstelle Köln
Angelika Hansmann
Telefon 0221 – 31 71 59
E-Mail an Büro/Verwaltung: telefonseelsorge@kirche-koeln.de
Unter der Telefonnummer 0800-111 0 111 ist die Telefonseelsorge Tag und Nacht zu erreichen
Foto(s): Thorsten Levin