Hans Mörtter rief, und alle kamen. 600 prominente und andere Kriegsgegner versammelten sich am Sonntag nach dem Aufruf des Pfarrers der Luthergemeinde aus der Kölner Südstadt auf der „MS Enterprise“, um gegen den drohenden Irak-Krieg zu demonstrieren. Neben Kölner Lokalgrößen wie den Bläck Fööss, Brings, BAP und Gerd Köster kamen Renan Demirkan, Wolf Maahn und Harry Rowohlt, Fernsehstars wie Mariele Millowitsch, Bettina Böttinger und Jean Pütz. Es gab Kabarett-Kostproben von Jürgen Becker, Heinrich Pachl, Ruth Schiffer und Wilfried Schmickler. Außerdem unterstützten Günter Grass und der Friedensforscher Johann Galtung die Kriegsgegner.
Grass hatte neben Walter Jens und Konstantin Wecker – eigens für die Schiffstour einen Text geschrieben: „Dieser drohende Krieg ist gewollt. In planenden Köpfen, auf den Börsen aller Kontinente, wie in vordatierten Fernsehprogrammen findet er bereits statt“, schreibt Grass und fährt fort: „Ein uns als Bildauswahl vertrauter Krieg droht. Weil wir seine vom detaillierten Schrecken gesäuberte Bilderflut kennen, und auch die Fernsehrechte vergeben sind, erwarten wir eine Fortsetzung des Kriegs als Seifenoper, unterbrochen nur von Werbespots für friedliche Konsumenten.“ Den kompletten Text hat der WDR ins Netz gestellt.
Einen besonderen Eindruck hinterließen die Worte von Johannes Galtung, norwegischer Friedensforscher und alternativer Nobelpreisträger. Er schlug eine Konferenz der Nahost-Staaten vor, vergleichbar der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), in der die Probleme auf friedlichem Weg zu lösen seien. Darüber hinaus rief Galtung die Versammelten zum Boykott amerikanischer Waren auf. Sähen die Industriebosse ihre Gewinne geschmälert, würden sie „schon genug Druck auf die Regierung ausüben“. „Wir sind nicht ohnmächtig“, rief er in den völlig überfüllten Schiffsraum und beendete seine Ansprache unter großem Jubel mit einer eindeutigen Losung: „Wir brauchen diese Banditen in Washington nicht!“
Mörtter war hochzufrieden mit dem, war er und einige Mitstreiter in knapp zwei Wochen auf die Beine gestellt hatten. Doch er wünscht sich mehr: Am Samstag, 25. Januar, gibt es eine weitere Anti-Kriegs-Demonstration in Köln, die um 12 Uhr auf dem Rudolfplatz beginnt und um 14 Uhr auf dem Roncalliplatz mit einer Kundgebung endet. „Da müssen Hunderttausende kommen. Da muss Köln Profil zeigen“, sagt Mörtter. Und daran glaubt er ganz fest:“Wenn ich nicht glauben würde, dass wir eine Chance hätten, den Krieg zu verhindern, dann hätte schon das mit dem Friedensschiff nicht funktioniert.“ Auch am 25. Januar soll es eine Bühne mit Überraschungsgästen geben. Wie dort, wird auch die Innenstadt-Demo „Kein Krieg im Irak“ unterstützt von Organisationen wie dem Friedensbildungswerk Köln, dem Kölner Friedensforum und der Kölner „Logo-Kampagne No War“ und vielen anderen. Den Aufruf des Friedensbildungswerks „Kein Krieg im Irak“ haben bereits weitere prominente Kölnerinnen und Kölner unterschrieben, etwa Bürgermeisterin Renate Canisius, der katholische Kreisdechant im Erftkreis Gerhard Dane – und natürlich auch Hans Mörtter.
Kontakt
Friedensforum c/o Friedensbildungswerk Köln,
Telefon 0221/ 952 19 45.
Weitere Infos
Viele Fotos vom „Friedensschiff“ gibt es auf den Seiten der Arbeiterfotografie,
Aufruf und Unterschriftenliste des Friedensforums unter anderem auf der Site der Lutherkirche Köln.
Günter Grass, Konstantin Wecker und Walter Jens haben eigens für das Kölner Friedensschiff Texte geschrieben, nachzulesen hier.
Vorschläge zur Gestaltung von Friedensgebeten und Andachten hat die EKD ins Netz gestellt
Foto(s): Rahmann