Antje Rinecker ist neue Studienleiterin bei der Melanchthon-Akademie des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region und für die Fachbereiche Engagement in Kirchengemeinden und Spiritualität zuständig. Ein Interview über Herzensprojekte, Zukunftsmusik und neue Ideen:
Was hat Sie dazu bewegt, sich für die Melanchthon-Akademie zu entscheiden und welche Schwerpunkte möchten Sie in Ihren Fachbereichen setzen?
Antje Rinecker: Ich besuche die Melanchthon-Akademie schon seit Jahrzehnten als Teilnehmerin. Sie ist ein wunderbarer Ort, um als Laie Theologie zu betreiben. Als Prädikantin ist es ein Privileg, in Köln zu wohnen und so unkompliziert Zugang zu theologischem Lernen zu haben. Als Gemeindemensch kann ich nur sagen, die Akademie hat die Arbeit der Gemeinde immer unterstützt. Sei es bei theologischen Seminaren, die ich seit über 25 Jahren mitorganisiere, oder auch bei der Gründung des Begegnungscafés „Himmel un Ääd“ in Schildgen. Und schließlich habe ich als Dozentin für die Akademie gearbeitet. Ich leite eine Übungsgruppe in Gewaltfreier Kommunikation und bin Teil des Teams zusammen mit Dr. Martin Bock und Pfarrerin Dorothee Schaper, das die STARK-Kurse, Theologie für alle! plant und durchführt. Spiritualität und Engagement, das sind sie, meine beiden Leidenschaften. Wie hätte ich mich nicht für diese Stelle entscheiden können? Diese beiden Elemente sind auch der Schwerpunkt meines Fachbereichs. Spiritualität in Alltagsfragen, ob persönlich oder in Gemeinden, finde ich spannend. Engagement in Kirchengemeinde bedeutet deshalb für mich, die Gemeindemenschen zu besuchen, zu sehen, was oben aufliegt und dann zu entwickeln, was gerade dran ist.
Wann haben Sie begonnen und wie wurden Sie aufgenommen?
Antje Rinecker: Begonnen habe ich am 1. April und bin wunderbar aufgenommen worden. Es macht Freude, mit all diesen tollen Kolleg*innen zu arbeiten.
Was planen Sie für die Zukunft und worauf dürfen sich die Teilnehmenden freuen?
Antje Rinecker: An der Akademie sind uns Überwege wichtig, deshalb findet sich im Programm das Handauflegen, in der Tradition der Open-Hands-Schule, regelmäßiges Singen in der Tradition von Sacred Harp oder der Inspirations-Workshop „LUV“ in mehreren Gemeinden. Ich wünsche mir noch eine Einführung ins Herzensgebet, aber das ist noch Zukunftsmusik. Im Engagementsbereich geht es darum, Verbindungen zu schaffen. Wie kommen Gemeinden untereinander und mit dem Sozialraum in Kontakt? Wir hatten einen tollen Presbyterabend und aus den Wünschen der Teilnehmenden planen wir für das nächste Halbjahr. Für 2025 sind Sozialraumerkundungen und auch eine größer angelegte Reihe „zusammen.Leben.mitgestalten“ in Arbeit. Auch die Pressestelle ist mit zwei Workshops dabei. Ich freue mich auf das neue Programm, das jetzt gerade erscheint.
Wie sehen Sie die Bedeutung von Engagement in Kirchengemeinden und Spiritualität in der heutigen Gesellschaft und welche Rolle spielen diese Themen für Ihre Arbeit?
Antje Rinecker: Viele Menschen sind spirituell Suchende, tragen eine Sehnsucht in sich. Diese Sehnsucht spürt, dass sie mehr braucht und Wünsche hat, nach Ganzheit, nach Verbindung mit dem Göttlichen und mit anderen Menschen, die auf einem ähnlichen Weg unterwegs sind. Der Geist formt auf diese Weise unsere Wahrnehmung, unsere Perspektive auf die Welt, unsere Aufmerksamkeit für die alltäglichen Dinge und Begegnungen. Das schenkt uns Kraft und Unterstützung, um ins Tun zu kommen, überall. Spiritualität trifft Engagement und – hier schließt sich der Kreis – die Frage, wie wollen und können wir gelingendes Zusammenleben gestalten. Da sind wir mittendrin im gesellschaftlichen Wandel. Das ist die Motivation meiner Arbeit.
Können Sie uns etwas über Ihre bisherigen Erfahrungen erzählen?
Antje Rinecker: Ich bin Erwachsenenbildnerin aus Leidenschaft und habe als Zwischenmensch (www.zwischenmensch.info) in verschiedenen Bereichen gearbeitet. Ein Schwerpunkt war immer die Arbeit mit Menschen aus anderen Kulturen und Religionen, auch die Sprachvermittlung. Gelingendes Zusammenleben zu gestalten, ist ein Lebensthema von mir. Und ich bin ein Gemeindemensch. Ehrenamtsarbeit hat mich über Jahrzehnte geprägt. Es ist großartig, sich mit anderen in Bewegung zu setzen und gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Gelingendes Zusammenleben gestalten, auch hier.
Wie sieht Ihr bisheriger Lebensweg aus und was machen Sie gerne?
Antje Rinecker: Nach einer Kindheit und Jugend in Bayern wechselte ich zum Hauptstudium nach Köln und habe meinen Magister in Germanistik, Romanistik und Philosophie gemacht. Schnell war klar, dass mein Herz der Erwachsenenbildung gehört. Deshalb habe ich nach der Kinderpause – ich habe zwei wunderbare Söhne – ein Aufbaustudium in interkultureller Germanistik absolviert und lange Zeit im weiten Feld der Integration gearbeitet. Über das ehrenamtliche Engagement in meiner Kirchengemeinde habe ich meine Leidenschaft für Theologie entdeckt und mich systematisch fortgebildet. 2016 wurde ich zur Prädikantin ordiniert. Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg ist für mich eine ideale Ergänzung, wenn es darum geht, christliche Lebenshaltung alltäglich umzusetzen. Deshalb habe ich mich auch in diesem Feld ausbilden lassen und leite seit Jahren eine regelmäßige Übungsgruppe. Neben der Arbeit liebe ich das Radeln, mit meinem Mann und unserem Wohnwagen Urlaub zu machen, die Welt zu erkunden und dabei am liebsten noch Kinder und Enkel zu besuchen.
Auch Akademieleiter Dr. Martin Bock hat mit Antje Rinecker ein Interview geführt:
Du bist mitten in die laufenden Programmplanungen für das zweite Halbjahr ins Team gekommen, hast in kürzester Zeit Veranstaltungsangebote für dieses Programm zusammengestellt. Wie hast du die ersten Tage erlebt?
Antje Rinecker: Vor vielen Jahren gab es eine Werbung für Pfefferminzpastillen, Fisherman‘s Friends. Wer sie lutschte, wurde von einer erfrischenden Wasserwelle überspült. An meinen ersten Arbeitstagen hatte ich dieses innere Bild vor Augen. Viel Neues, komplexe Aufgabenstellungen mit vielen losen Enden, eine echte Welle und herrlich erfrischend. Es macht Freude, mit all diesen tollen Kolleg:innen zu arbeiten.
Was ist dein persönlicher und beruflicher Background, mit dem du in die neuen Aufgaben eingestiegen bist?
Antje Rinecker: Ich bin ein Gemeindemensch und Ehrenamtsarbeit hat mich über Jahrzehnte geprägt. Es ist großartig, sich mit anderen in Bewegung zu setzen und gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Von der Melanchthon-Akademie haben wir in der Evangelischen Kirchengemeinde Altenberg/Schildgen dabei viel Expertise und Unterstützung erfahren. Sei es bei theologischen Seminaren, die ich seit über 25 Jahren mitorganisiere, oder auch bei der Gründung des Begegnungscafés Himmel un Ääd in Schildgen. Spiritualität und Engagement, das sind sie, meine beiden Leidenschaften. Unglaublich, nun sind diese Themen mein Berufsfeld.
Wir haben am 1. Februar unser Haus im Kartäuserwall verlassen und ziehen erst in ca. drei Jahren wieder dort ein, wenn der Campus Kartause fertiggestellt ist. Bis dahin veranstalten wir vieles im Haus der Kirche und hier in unserer Geschäftsstelle. Wie blickst du auf dieses „Dazwischen“?
Antje Rinecker: Bisher habe ich freiberuflich gearbeitet und unter dem Namen „Zwischenmensch“ firmiert. Ich finde das Dazwischen inspirierend, denn es schafft Freiräume. Räume für sich zu entdecken, sich darin zu positionieren und sie dann aktiv zu gestalten, ist mir bei Bildungsarbeit wichtig. Menschen Flügel zu verleihen im Denken und Handeln, das gefällt mir.
Wo wirst du an Bewährtes und „schon längst“ Konzipiertes anknüpfen können und wo zeichnen sich neue Akzente ab?
Antje Rinecker: Martin Horstmann hat vor allem im Bereich Nachhaltigkeit und große Transformation Maßstäbe gesetzt und mit seinem Weggang hinterlässt er eine Leerstelle. Dieser Bereich ist vakant und wir werden als Team sehen, wie es weitergehen kann. Im Bereich Spiritualität hat er – um im Bild zu bleiben – den Raum ökologische Spiritualität ausgestaltet. Damit hat er vielen Klimaengagierten und Schöpfungsliebenden eine geistliche Heimat geschenkt. Da hoffe ich, einiges weiterführen zu können, auch wenn das nicht mein Schwerpunkt ist. Spiritualität in Alltagsfragen, ob persönlich oder in Gemeinden, finde ich spannend. Engagement in Kirchengemeinde bedeutet deshalb für mich, die Gemeindemenschen zu besuchen, zu sehen, was oben aufliegt und dann zu entwickeln, was gerade dran ist.
Wenn in einigen Monaten der Grundstein für den Campus Kartause gelegt wird, wird man in den Grundstein Dokumente von heute einlegen, mit denen auch gesagt wird: Dafür wird dieses Haus gebaut. Was ist aus deiner Perspektive wichtig für den neuen Grundstein evangelischer Bildungsarbeit in Köln?
Antje Rinecker: Jemand hat einmal gesagt: „Die Zukunft ist bereits da. Sie ist nur noch nicht gleichmäßig verteilt.“ Bildung für alle, damit Zukunft gleichmäßiger verteilt wird, dafür schlägt mein Herz. Das ist schon lange ein Markenzeichen der Akademie, das gilt auch für das neue Haus.
Antje Rinecker
Studienleiterin, zuständig für die Fachbereiche:
– Engagement in Kirchengemeinden
– Spiritualität
Telefon: 0221-931803-29
rinecker@melanchthon-akademie.de
Foto(s): Stefan Hößl