Dramatisch klang die Einladung zum 15. Kölner Ökumenetag. „Es geht um alles“ stand auf dem Flyer. Beruhigender war dann der Nachsatz: „Perspektivwechsel für mutiges Christsein.“ Der Evangelisch-Katholische Arbeitskreis für Ökumene im Stadtbereich Köln, der Evangelische Kirchenverband Köln und Region und der Katholikenausschuss in der Stadt Köln hatten in Zusammenarbeit mit der Melanchthon-Akademie und dem Katholischen Bildungswerk in das Citykirchenzentrum des Antoniterquartiers eingeladen.
In Workshops wurde gelebte Ökumene vorgestellt. Gregor Stiels, Vorsitzender des Katholikenausschusses in der Stadt Köln, diskutierte mit einer Runde im Dachgarten des Antoniterquartiers über das Thema „Die Kirche im Dorf lassen – eine ökumenische Perspektive für einen verlässlichen kirchlichen Ort im Veedel“. Seit 15 Jahren beschäftigten sich die christlichen Kirchen mit dem Thema Mitgliederschwund und damit einhergehend schwindenden finanziellen Mitteln. „Was ist in diesen 15 Jahren passiert? Eigentlich nichts. Das ist ernüchternd“, so Stiels.
Angesichts der vollzogenen und bevorstehenden Schließungen von Kirchen müsse es in naher Zukunft darum gehen, mindestens eine christliche Kirche vor Ort zu erhalten. „86 Veedel, 86 Kirchen muss unser Motto sein.“ Kirchorte müssten erhalten bleiben. Natürlich um Gottesdienste zu feiern, aber auch, um sich zu versammeln und zu treffen. „Wir sind nicht davon abhängig, dass wir die Orte selbst bauen“, sagte Stiels. Er verwies auf die bestehenden ökumenischen Partnerschaften von Gemeinden, die zum Teil bereits in Verträge gegossen worden seien.
Staatlich verordnete Partnerschaften wie im Altenberger Dom? Freiwilligkeit vor Ort sei aus Stiels Sicht der bessere Weg. Aber: „Niemand soll seine Identität verlieren. Und es geht nicht darum, durch die Hintertür in einer anderen Gemeinde etwas einzuführen. Und um Friede, Freude, Eierkuchen geht es schon gar nicht.“ Man könne viele Fehler machen bei der Kommunikation mit der jeweiligen Gemeinde, wenn man eine Kirche schließe. Wenn man sich zu einer ökumenischen Gemeinschaft mit einer Kirche entschließe, seien nicht zuletzt rechtliche Frage zu beachten. „Wem gehört die Kirche?“
Der erste ökumenische Partnerschaftsvertrag Kölns
Dr. Hans-Georg Link, 20 Jahre evangelischer Ökumenepfarrer in Köln, erinnerte daran, dass vor 25 Jahren in Neubrück der erste ökumenische Partnerschaftsvertrag Kölns unterzeichnet wurde.
Dr. Ulrike Wehling, Presbyterin aus Bayenthal, beschrieb die Schwierigkeiten vor Ort. Ihre Gemeinde aus Bayenthal habe eine Zeitlang sehr gute Beziehungen zu den katholischen Nachbargemeinden gepflegt. Dies sei komplizierter geworden angesichts der Sendungsräume, in die die katholischen Partner aufgegangen seien. Wehling vermisst Ansprechpartner und –partnerinnen.
Rainer Will, stellvertretender Leiter des Katholischen Bildungswerkes, räumte ein, dass Partnerschaften schwieriger würden angesichts der pastoralen Einheiten, die immer größer würden. „Wir müssen uns in den Veedeln auf neuen Ebenen zusammenfinden.“ Was die größeren ökumenischen Projekte angehe, sei man gut unterwegs. Als Beispiele nannte er die ökumenischen Brückenwege und die Taufbeckenwege.
„Die Ökumene vor Ort lebt“, legte sich Stiels fest. Im Scharnierkreis, in dem er sich regelmäßig mit Stadtsuperintendent Bernhard Seiger austauscht und anderen, denen die Ökumene am Herzen liegt, habe man mal die „Entwicklungen der katholischen und evangelischen Kirche nebeneinander gelegt“. Und dabei habe man sich die Frage gestellt: „Welche Liegenschaften müssen wir aufgeben?“ Die evangelischen Gemeinden seien da weiter. Bis 2026 müssten die eine Planung vorlegen, welche Gebäude wirtschaftlich darstellbar energetisch saniert werden können. Die katholische Kirche behandele solche Fragen sehr hierarchisch. Deshalb liefen da große Strukturveränderungen häufig ins Leere.
Dagegen entschieden die evangelischen Gemeinden konkret vor Ort über ihre Belange. Um überhaupt mal einen Überblick zu bekommen, wo die katholische und die evangelische Kirche in Köln Gebäude unterhalten, habe man im Scharnierkreis eine digitale interaktive Karte erarbeitet. „Die ist in Kürze fertig“, so Stiels.
Festzuhalten sei, dass es bereits Veedel gebe, in denen es schwierig werde, einen Kirchort zu erhalten. Als Beispiel nannte Stiels Merkenich. Das evangelische Gemeindezentrum sei bereits entwidmet, die katholische Kirche St. Brictius kaum mehr zu halten. Dr. Ulrike Wehling nannte die Räume der Bayenthaler Gemeinde als Beispiel. „Die nutzen wir seit Jahren für Zwecke, die mit Kirche nichts zu tun haben. Wie gehen wir Christen raus aus unseren Räumen? Wie wollen wir uns zeigen?“ Häufig, so die Wahrnehmung von Achim Gessler aus der katholischen Gemeinde in Lövenich, wisse man nicht, welche Gruppen Gemeinderäume bespielten. „Da hat irgendwann mal jemand einen Schlüssel bekommen. Und jetzt treffen sich die Leute ziemlich eigenständig.“
Stiels verwies auf die Gemeinde von Franz Meurer in Vingst: „Da hat jeder einen Schlüssel.“ Ein Diskussionsteilnehmer berichtete aus dem Sendungsraum in Pulheim. „Da schaffen es die Pfarrgemeinderäte noch nicht einmal, einen gemeinsamen Gemeindebrief auf den Weg zu bringen.“ Da sei der Weg zur ökumenischen Partnerschaft noch sehr weit.
Foto(s): Stefan Rahmann