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v. l. n. r. Vorsitzender des Katholikenausschusses der Stadt Köln Gregor Stiels, Stadtsuperintendent Rolf Domning, Moderatorin Katja Ruppenthal, Professor Johannes Geffert und Pfarrer Armin Drack

„Nicht nur das Wort verkündet.“ – Zehn Jahre Kulturprogramm in der Trinitatiskirche

Mit einem Festkonzert und zwei Talkrunden feierten zahlreiche Gäste des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region den Auftakt zum Kulturprogramm in der Trinitatiskirche vor zehn Jahren. „Wir feiern heute eine besondere Königin der Musik“, leitete Moderatorin Katja Ruppenthal den Abend ein. „Die Königin ist 32 Jahre alt und wiegt 13 Tonnen.“ Gemeint war die Klais-Orgel, die vor zehn Jahren in der Aachener Dreifaltigkeitskirche ab- und in der Kölner Trinitatiskirche wieder aufgebaut wurde. „Sie ist 7,50 Meter breit und 7,20 Meter hoch, hat 44 Register und 3021 Pfeifen. Sie ist zwar aus zweiter Hand, aber sie ist ganz und gar nicht zweite Wahl“, setzte Ruppenthal die Beschreibung des Instruments fort. Stadtsuperintendent Rolf Domning war damals am Umzug beteiligt. „Wir sind damals nach Aachen gefahren und wollten uns die Orgel mal ansehen. Die Dreifaltigkeitskirche wurde nicht mehr genutzt. Der damalige Superintendent Dr. Thomas Hübner war dabei und Christoph Spering, Kantor und Vorsitzender des Fördervereins für die Orgel in der Trinitatiskirche. Das Vorhaben scheiterte, weil die gesamte Orgel in Folie verpackt war“, erzählte Domning.

Johannes Geffert demonstriert eindrucksvoll, wozu die Klais-Orgel in der Lage ist (Foto: APK)

„Zum Glück gab es schöne Fotos. Und Schallplatten. Aber wir haben dann doch ein bisschen die Katze im Sack gekauft.“ Die Trinitatiskirche wurde im Zweiten Weltkrieg Opfer zahlreicher Bomben und nach dem Krieg wieder aufgebaut. Trotzdem konnte es sich die evangelische Innenstadtgemeinde nicht leisten, eine Orgel einzubauen. „Wir haben in der Trinitatiskirche über Jahrzehnte eine sehr profilierte Kulturarbeit geleistet“, erklärte der Stadtsuperintendent. „Wir haben die Begegnung und manchmal auch die Provokation von Kunst und Kirche erlebt.“ Mit der Orgel habe sich die Atmosphäre in der Trinitatiskirche verändert. „Und über die Konzerte treten wir in einen musikalischen Dialog mit Menschen, die der Kirche distanziert begegnen. Nicht nur das Wort verkündet. Die Musik erreicht andere menschliche Sphären als eine Predigt.“

Auf eine entsprechende Frage der Moderatorin erklärte Domning: „Ja, die Königin ist schuldenfrei.“ Der Stadtsuperintendent wünschte der Kirche und damit auch der Orgel für die Zukunft noch mehr als die 20.000 Besucherinnen und Besucher, die im vergangenen Jahr die Trinitatiskirche besucht haben. Der Aachener Pfarrer Armin Drack erinnert daran, die die Dreifaltigkeitskirche, der evangelische Dom im katholischen Aachen, 1899 gebaut wurde. 22 Jahre habe die Klais-Orgel in der Kirche gestanden. „Hier in der Trinitatiskirche hat sie einen noch schöneren Klang als bei uns in Aachen.“ Die Dreifaltigkeitskirche ist übrigens wieder in Betrieb. „Wir nutzen sie als Jugendkirche. Mit einer elektronischen Orgel mit Lautsprechern.“ Gregor Stiels ist seit einem knappen Jahr Vorsitzender des Katholikenausschusses in der Stadt Köln. „Ich habe die ökumenischen Veranstaltungen in der Trinitatiskirche von meiner Vorgängerin Hannelore Bartscherer geerbt und führe sie mit Freude weiter.“ Stiels erinnerte an ein konfessionsübergreifendes Projekt, bei dem man die Gewalt und den Antisemitismus in der Johannes-Passion herausgearbeitet habe. „Das Zusammen der Religionen ist natürlich ein Thema für Katholische und Evangelische.“ Professor Johannes Geffert, der an der Kölner Musikhochschule lehrt und ein international renommierter Organist ist, hat vor 22 Jahren die Klais-Orgel in der Aachener Dreifaltigkeitskirche mitkonzipiert. „Eigentlich war sie für die Kirche ein bisschen zu groß.

Jürgen Roters erinnerte sich gern an das erste Orgel-Konzert in der Trinitatiskirche (Foto: APK)

Ich habe damals Dr. Hübner von der Orgel in Aachen erzählt, die nicht mehr genutzt wurde. Ich kannte ja die Maße. Die kann man 1 zu 1 in der Trinitatiskirche aufbauen. Der Raum ist ja akustisch sehr gut. Wir haben dann die Orgel für den Raum passend gemacht. Hier kann man als Organist ganz viel machen.“ Wieviel, demonstrierte Geffert im Anschluss an die beiden Talkrunden. Jürgen Roters, ehemaliger Oberbürgermeister von Köln, erinnerte sich gern an das erste Orgel-Konzert in der Trinitatiskirche. „Es ist ja ein Privileg in dieser Position, an vielen Veranstaltungen in unserer an Kultur so reichen Stadt teilnehmen zu dürfen.“ Roters appellierte: „Die Kirchen sollen ja nicht zuletzt den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft verdeutlichen.“ Rolf Schmitz-Malburg, Projekt-Koordinator des WDR-Rundfunkchors, lobte die ausgezeichnete Akustik der Kirche. Der Chor tritt regelmäßig in der Trinitatiskirche auf. „Wir fühlen uns hier sehr willkommen. Und das ist für unsere sensiblen Künstlerseelen sehr wichtig“, sagte Schmit-Malburg mit einem Augenzwinkern. Er hat mit der Orgel auch schon musiziert: „Als Bass-Solist in Aachen.“ Der Orgelbauer Björn Daniel Reich stimmt regelmäßig vor Konzerten in der Trinitatiskirche die Register. Dann müssten hier und da noch ein paar Schrauben gedreht und etwas eingerenkt werden. „Und dann lasse ich die Orgel mal kurz aufbrausen“, erzählte er vom Höhepunkt seiner Arbeit. „Orgeln mögen es nicht, wenn sie starken Temperaturschwankungen ausgesetzt sind.“ Dann gab der Orgelbauer auch noch eine Kostprobe der Wortwahl seiner Zunft: „Die Orgel in der Trinitatiskirche hat einen echten Arsch in der Hose.“ Gemeint war das solide Bassfundament.

Auch Wolf-Rüdiger Spieler kam zu Wort. Der Organist und Chorleiter verantwortet von Beginn an das Kulturprogramm in der Trinitatiskirche. „Wir haben hier 80 bis 100 Veranstaltungen pro Jahr. Das ist viel Arbeit. Vor allem für die Küster und viele andere.“ Vorgabe sei, dass das Programm der Kirche gerecht werde. „Wir wollen hier keine ,Location‘ werden.“ Jeden letzten Donnerstag im Monat gibt es ein Orgelkonzert. Neben vielen anderen Veranstaltungen finden in der Trinitatiskirche auch Hochzeiten und Trauerfeiern statt. „Wir bilden das ganze Leben ab“, so Spieler. Auch wenn der Eindruck ein anderer sei: „Die Orgel steht nur bei einem Viertel unserer Veranstaltungen im Mittelpunkt.“ Im Jubiläumsjahr wird es eine Neuigkeit geben: „Wir werden einen internationalen Orgel-Improvisationswettbewerb ausloben. Wir haben schon viele Anmeldungen und können uns auf ein tolles Ereignis freuen“, sagte Spieler und wünschte der Orgel, „dass sie länger spielt als ich hier arbeite“.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann/APK