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10 Jahre Pflegeversicherung: „Erfolgreich und reformbedürftig zugleich“, sagt das Diakonische Werk

Das Diakonische Werk zieht eine grundsätzlich positive Bilanz der Pflegeversicherung für pflegebedürftige Menschen. „In den vergangenen Jahren haben wir eine Menge Erfahrungen gesammelt, und wir wünschen uns natürlich, dass diese in einen Reformprozess für eine zukunftsfähige Pflegeversicherung einfließen – dazu fordern wir die politischen Akteure auf!“, kommentiert Dr. jur. Bernd Schlüter, Leiter der sozialpolitischen Zentren beim Diakonischen Werk der EKD, das zehnjährige Jubiläum der Pflegeversicherung im stationären Bereich am 1. Juli 1996. Das Diakonische Werk der EKD hat detaillierte Vorschläge zum Reformbedarf und zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vorgelegt.

Als positiv wird gewertet:
Die Pflegeversicherung hat grundsätzlich das Risiko reduziert, dass ein großer Teil der derzeit ca. 640.000 Bewohnerinnen und Bewohner in Heimen in dieser Lebensphase auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen ist. „Die Pflegeversicherung hat verbindliche Rechtsgrundlagen geschaffen und dadurch zur Rechtssicherheit beigetragen. Sie hat insgesamt zu einer Qualifizierung der Pflege geführt“, so Schlüter. Die Finanzierung der Pflege nach einem gesellschaftlichen Solidarprinzip hatte den Effekt, die Pflege im Alter zu einer eigenständigen gesellschaftlichen und politischen Aufgabe zu machen. Dies ist besonders bedeutsam in Hinblick auf die demographische Entwicklung. Allerdings muss das finanzielle Fundament der Pflegeversicherung nachhaltig gesichert werden, so Schlüter.

Es gibt auch Kritisches anzumerken
„Die Leistungen der Pflegeversicherung sind seit 10 Jahren nicht erhöht worden – sie unterliegen damit einer kontinuierlichen Entwertung“, mahnt Klaus-Peter Stenzig, Leiter des „Zentrum Gesundheit, Rehabilitation und Pflege“ im DW EKD in Berlin. Dieser Leistungsverlust gefährde zunehmend das Ziel der Absicherung der Pflegebedürftigkeit im Alter. Zudem erweise sich die Überregulierung des Pflegebereichs als Innovationsbremse.

Chancen für mehr persönliche Zuwendung
„Es ist bisher nicht gelungen, ein bedarfsorientiertes Qualitätsniveau in der Pflege auch über die Pflegesätze zu finanzieren und die professionelle Pflege durch eine verlässliche Betreuungsassistenz zu ergänzen“, so Stenzig. Dabei würden Chancen für mehr persönliche Zuwendung und mehr legale, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht wahrgenommen. Zudem habe sich durch die Pflegeversicherung der bürokratische Aufwand deutlich erhöht, der zu Lasten der Betreuung geht“, kritisiert Stenzig.

Bernd Schlüter: „Eine persönliche Betreuung pflegebedürftiger Menschen im Sinne des christlichen Menschenbildes ist der Motivation der Pflegekräfte, der betriebswirtschaftlichen Effizienz diakonischer Einrichtungen und der Spenden ihrer Förderer zu verdanken, weniger den gesetzlichen Rahmenbedingungen.“

Text: Diakonisches Werk
Foto(s): Diakonisches Werk