Oskar legt die Beine auf den Tisch, macht coole Sprüche und interessiert sich für nichts – außer Mädchen. Schon gar nicht für alte Menschen! Umso schlechter gelaunter ist der junge Mann, als er drei Wochen lang Sozialstunden in einem Seniorenheim ableisten muss, weil er Graffiti sprühte. Ob das Miteinander von Alt und Jung wohl gut geht? Allerdings ist da ja als kleiner Lichtblick für Oskar die junge Mitarbeiterin Melinda Maria … Um diesen Plot und diverse Konflikte rankte sich das Musical „Der Swag muss weg!“, das die Jugendlichen von Ten Sing Kürten an zwei Abenden in der Mehrzweckhalle Kürten-Bechen auf die Bühne brachten.
Was ist Ten Sing? Was ist Swag? Swag bedeutet in der Jugendsprache so viel wie eine coole, lässige Haltung. Ten Sing lässt sich weniger schnell erklären. Hinter dem Namen steckt eine besondere Form der offenen christlichen Jugendarbeit unter dem Dach des CVJM. Ten Sing entstand 1968 in Norwegen, kam Ende der 80er-Jahre nach Deutschland und ist inzwischen weltweit verbreitet. Hierzulande gibt es rund 5.000 „Ten Singler“ – alle 13 bis Mitte 20 Jahre alt. Die Kürtener Gruppe ist längst ein fester Bestandteil der bergischen Jugendkultur. Etwa 30 junge Leute machen aktiv mit und kommen dafür auch aus Bergisch Gladbach, Köln und Wipperfürth zu den wöchentlichen Proben in die Räume der Evangelischen Kirche in Kürten-Bechen. Das Besondere an Ten Sing: Die Gruppen sind selbstorganisiert. Das heißt, kein Erwachsener quatscht rein. Die Jugendlichen bestimmen selbst, was und wie sie es tun. Sie entwickeln die Show, die alljährlicher Höhepunkt der wöchentlichen Treffen ist, vollkommen eigenständig. Jeder kann seine Ideen einbringen. Es gibt eine Band und Workshops für Tanz, Organisation, Requisite und Story-Schreiben. Herzstück bei Ten Sing ist aber der Chor, der Gospels genauso wie Rock- und Pop-Songs einstudiert, die jeweils den Rahmen für das Bühnengeschehen bilden. Dieses Mal wurden Titel wie „Halleluja“ und „Paradise“ vorgetragen.
Die Halle lag im Dunkeln, die Fans klatschten, Namensschilder für Solo-Sängerinnen wurden hochgehalten. Eine Gruppe von schwarz-weiß gekleideten Tänzerinnen wirbelte über die Bühne, später präsentierten etliche junge Männer mit Schwimmnudeln einen Tanz. „Das ist immer so schön!“, sagte eine Mutter ganz bewegt, deren Töchter zehn Jahre lang mit auf der Bühne gestanden hatten und aus Ausbildungsgründen nun das erste Mal nicht bei den Proben mitmachen konnten. Ehrensache, dass sie zumindest bei der Aufführung dabei waren und mit den Akteuren mitfieberten! Wer bei Ten Sing mitmacht, findet eben nicht „nur“ ein Bühnenensemble, sondern Freunde. Luisa Kasper, 22, ist eine der Chorsängerinnen. Sie wuchs in Kürten auf, wohnt inzwischen in Köln und leitet seit März 2018 als Vorsitzende den CVJM Kürten. Zu Ten Sing gehört sie, seit sie 14 ist, diese Show war ihre neunte. Sie ermuntert Teenager zum Mitmachen. Das Argument „Ich kann nicht singen“ lässt sie nicht gelten: „Das lernt man halt hier“, macht sie Mut und gesteht: „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in meiner ersten Probe irgendeinen Ton getroffen hätte. Das kommt einfach nach der Zeit.“ Jetzt sang sie zum wiederholten Mal auch Solo.
Auf der Bühne erzählen kleine Spielszenen, wie sich Oskar für die hübsche Melinda Maria interessiert und wie er sich von der alten Frau Müller gewissermaßen „coachen“ lässt, um bei der jungen Mitarbeiterin landen zu können. Aber dafür muss der Swag erstmal weg: Mit etwas Benimm, weniger Jugendslang und etwas adretterem Äußeren habe er bessere Chancen, meint die Seniorin – und behält am Ende Recht. Auch wenn sie dies, da inzwischen verstorben, nicht mehr miterleben kann.
Ein Jahr lang haben die jungen Leute geprobt. Sie haben das Stück entwickelt, Dialoge geschrieben, Songs einstudiert, Tänze kreiert, Requisiten hergestellt und auch ein Programmmagazin herausgegeben. Bei all dem Trubel gab es bei jedem Treffen auch eine kleine Auszeit: Eine jeweils 15-minütige Andacht mit Worship-Liedern, mal mit, mal ohne Gebet. In jedem Fall geht es thematisch in dieser „Pause“ um Gedanken und christliche Werte, die Ten-Sing-Gruppenmitglieder bewegen. Das werde geschätzt, sagt Luisa Kasper: „Ich merke einfach, dass es total schön ist für alle, wenn man ein bisschen runterkommt.“ Jeder, der meine, „Hey, das bewegt mich gerade, ich möchte das mit euch teilen“, der könne das gerne machen. Der Saal in Bechen bebte, es gab mehrere Zugaben. Luisa Kasper und alle anderen Akteure strahlten glücklich. Die Show war wieder einmal gelungen! Doch nach der Show ist bekanntlich vor der Show. Deshalb wird jeder mit Freude aufgenommen, der neu bei Ten Sing mitmachen möchte. Geprobt wird immer freitags von 17 bis 19.30 Uhr im Saal der Evangelischen Kirche in Kürten-Bechen, St.-Antonius-Weg. Der Spaß ist kostenlos. Wer Ü13/U25 ist, kann einfach hinkommen!
Infos: www.tensing-kuerten.de, www.cvjm-kuerten.de
Foto(s): Ute Glaser