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Ing. Simone Frings, Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, Michael Kress, ASG, Verena Nelles, ASG, Maja Mettler, Jüdische Liberale Gemeinde Köln, Guido Stephan, ASG, Holger Gerards, Leiter des Referats 622 "Architekten- und Ingenieurvertragsrecht, Marktüberwachung harmonisierter Bauprodukte, baulich-technische Sicherungsmaßnahmen" vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen Rafi Rothenberg, Vorstand Jüdische Liberale Gemeinde Köln, Stefan Ueberschaer, Jüdische Liberale Gemeinde Köln und Paul Böhm, Architekturbüro Paul Böhm GmbH (v.l.)

Sanierung der zur Synagoge umgewidmeten Kreuzkapelle

„Dies ist ein Projekt von ganz großer Tragweite“, sagt Uwe Rescheleit, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Riehl: Vertreter der Jüdischen Liberalen Gemeinde Gescher LaMassoret, der Antoniter Siedlungsgesellschaft mbH (ASG) im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region und des NRW-Bauministeriums haben die Verträge zur Sanierung der ehemaligen Kreuzkapelle in Köln-Riehl unterzeichnet. Nachdem die Evangelische Kirchengemeinde 2007 beschlossen hatte, ihr Gemeindeleben auf die Stephanuskirche in der Brehmstraße zu konzentrieren, wurden die Räumlichkeiten der zur Synagoge umgewidmeten Kreuzkapelle seit 2015 von der Jüdischen Liberalen Gemeinde genutzt.

Bereits seit 1999 hielt sie ihre Gottesdienste in einem Gemeindesaal im Souterrain des Gebäudes ab. 2019 erwarb die ASG das denkmalgeschützte Gemeindehaus von der Evangelischen Kirchengemeinde und sanierte zunächst die drei Wohnungen im Ober- und Dachgeschoss.

Sanierung aus Gründen der Verkehrssicherheit nötig

Aus Gründen der Verkehrssicherheit beschloss die ASG 2019 eine Generalsanierung der Synagoge, die vom Kölner Architekturbüro Paul Böhm GmbH umgesetzt werden soll. Die Kosten schätzt Geschäftsführer Guido Stephan grob auf 3,6 Millionen Euro, wobei aufgrund des Alters des 1910 erbauten Gebäudes Unwägbarkeiten berücksichtigt werden müssen.

Der Baubeginn ist im Frühjahr 2024 geplant. „Leider wird ein Teil der Oberlichter wegen des Brandschutzes demontiert. Dafür jedoch kommen vorne, im früheren Altarraum, neue Fenster dazu“, erläutert Rafi Rothenberg, Vorsitzender der Jüdischen Liberalen Gemeinde die Planung. Er freut sich besonders über die vorhandene Orgel, die ebenfalls einer Instandsetzung bedarf. „Dies ist eine der wenigen Synagogen in Deutschland, in der es eine Orgel gibt“, erklärt er und fügt stolz hinzu: „Hier werden hoffentlich einmal Kompositionen meines Urgroßvaters gespielt, der bis 1938 Oberkantor der Münchner Synagoge war und synagogale Musik für Orgel und Chor geschrieben hat.“

Orte religiöser Gemeinschaft

„Es gibt hier so viele Querverbindungen, Querverweise und kulturelle rote Fäden, die allesamt religiöse Gemeinschaft bedeuten“, Uwe Rescheleit. Nachdem klar war, dass die Jüdische Liberale Gemeinde wegen der anstehenden Sanierung ihre Gottesdienste vorerst nicht in der Kreuzkapelle abhalten kann, ging sie „auf Wanderschaft“, wie Rothenberg es beschreibt.

„Das war eine schöne Zeit, weil wir so viel religiöse Unterstützung erfahren haben“, sagt er. „Bis zur Sanierung der Evangelischen Kirche in der Brehmstraße feierten wir unsere Gottesdienste dort. Dann zogen wir zusammen mit der Evangelischen Gemeinde während deren Interimszeit nach St. Engelbert. Drei monotheistische Religionen feierten gleichzeitig in der katholischen Kirche ihre Gottesdienste. Das war einmalig.“

Zeichen einer neuen Zeit

Die Kreuzkapelle blickt auf eine bewegte christlich-jüdische Geschichte zurück, die in der Zeit des NS-Regimes eines ihrer dunklen Kapitel erlebte. Mitte der 1930 Jahre lebten etwa 900 Juden, die zum Christentum konvertiert waren, in Köln. Nach den Nürnberger Rassengesetzen von 1935 galten sie trotz ihrer christlichen Taufe als Juden und waren als solche der Verfolgung durch die Nazis ausgesetzt. „Im Kirchenjargon wurden sie als ‚nicht arische Christen‘ bezeichnet“, erklärt Rothenberg. In der Riehler Kreuzkapelle erhielten sie zeitweise Unterstützung: Dort wurde ein regionaler Abzweig des 1936 in Berlin gegründeten „Büro Grüber“ eingerichtet, das mit Genehmigung der Gestapo unter anderem bei der Emigration half.

Leiter des Kölner Büros war der damalige Pfarrer der Gemeinde und Vertrauensmann der Kölner Synode der Bekennenden Kirche Hans Encke. 1964 wurde er erster Stadtsuperintendent des Evangelischen Stadtkirchenverbandes Köln. „Hans Encke war übrigens von 1953 bis 1955 auch erster Geschäftsführern der 1951 gegründeten Antoniter Siedlungsgesellschaft“, ergänzt Guido Stephan. „Hier an diesem Ort schließen sich viele Kreise.“

Als 1942 die massenhafte Deportation von Juden in die Vernichtungslager begann, wurden in der Kreuzkapelle die sogenannten „Schlussgottesdienste“ für Mitbürger jüdischer Abstammung gefeiert, bevor diese vom Bahnhof Deutz in die KZs gebracht wurden. „Das Gedenken an diese Menschen wollen und müssen wir behalten“, so Rescheleit. „Das ist unser Auftrag! Dieses Projekt ist ein Zeichen einer neuen Zeit, für die wir stehen“, ist er sich mit Rothenberg einig. „Was ich bemerkenswert finde, ist, dass die Evangelische Kirche nie versucht hat, die Geschichte dieser Kapelle unter den Teppich zu kehren, sondern im Gegenteil gründlich erforscht hat“, betont Rothenberg.

Differenzen zwischen Religionen beseitigen

Der federführende Architekt der geplanten Sanierung Paul Böhm betont: „Es ist eine große, ganz besondere Aufgabe für mich, das Projekt in Angriff zu nehmen. Ich habe ein gesteigertes Interesse daran, auch um zu helfen, Differenzen zwischen den Religionen zu beseitigen.“ Böhm war auch federführend am Bau der Kölner Zentralmoschee beteiligt.

Während die ASG als Eigentümerin für den baulich-technischen Teil der Sanierung verantwortlich ist, kümmern sich die zukünftigen Nutzer der Räume um die Inneneinrichtung. „Wir sind sehr dankbar, dass Fachleute die Sanierung übernehmen und das Projekt in gute Hände kommt“, freut sich Rothenberg.

Für die Instandsetzung der Orgel, sucht die Jüdische Liberale Gemeinde noch Spender oder Sponsoren. „Wir hoffen sehr, dass wir unser Pessach-Fest im April 2025 erstmals in unseren neuen Räumen feiern können“, so Rothenberg.

Text: Susanne Hermanns
Foto(s): Susanne Hermanns